Im Artikel über geschlossene Gehäuse wurde der Vorteil gegenüber einer Schallwand beschrieben - die Verhinderung des akustischen Kurzschluß.
Das Ganze hat aber auch eine Kehrseite: jetzt sperre ich die Hälfte der abgestrahlten Schallenergie in ein kleines Gehäuse! Da ist es jetzt so laut, dass ich Maßnahmen ergreifen muss um die Schallenergie zu vernichten. Ansonsten würde sie durch die schwächste Stelle des Gehäuses - üblicherweise die dünne Lautsprechermembran - doch wieder nach draußen kommen. Dazu füllt man das Gehäuse mit Absorptionsmaterial, z.B. Polyesterwatte, Schaumstoff oder Mineralwolle.
Aus ökologischer Sicht ist diese Energievernichtung doch eigentlich abzulehnen. Kann man die nach hinten abgestrahlte Schallenergie nicht irgendwie doch nutzen? Immerhin würde sich der Schalldruck um bis zu 6 dB erhöhen! Wie war das noch: Überdruck vorne = Unterdruck hinten, d. h. das nach hinten abgestrahlte Signal ist um 180° phasenverschoben zum vorderen Signal.
Na, wie wäre es mit einer Umleitung, die genau 180° (= 1/2 Wellenlänge) lang ist? Für die Phasendrehung gilt:
Phasendrehung [°] = 360° · Frequenz [Hz] · Länge des Umwegs [m] / Schallgeschwindigkeit [m/s]
Uups, das funktioniert ja nur für eine Frequenz genau. Sei's drum, bei 100 Hz müsste solch eine Umleitung aber schon 1.7 m lang sein und ihre Öffnung direkt neben dem Lautsprecher enden! Dann käme der gegenphasige Schall noh eine halbe Wellenlänge zu spät und würde sich genau richtig addieren! |
Dummerweise haben Rohrleitungen ein intensives akustisches Eigenleben:
- Am geschlossenen Ende erfolgt ein Phasensprung um 180°
- Am offenen Ende erfolgt kein Phasensprung
ein beidseitig offenes Rohr hat Resonanzen bei 1/2, 2/2, 3/2, 4/2 etc. der Wellenlänge | |
ein einseitig offenes Rohr hat Resonanzen bei 1/4, 3/4, 5/4, 7/4 etc. der Wellenlänge | |
ein beidseitig geschlossenes Rohr hat Resonanzen bei 1/2, 2/2, 3/2, 4/2 etc. der Wellenlänge |
Das hört sich aber doch ziemlich aufwändig und nach großen Gehäusen an. Gibt es denn keine einfachere Möglichkeit? Wie wäre es denn, wenn ich einfach ein Loch in die Gehäusewand schneide? Tja, dieses Loch wäre dann nicht einfach nur ein Loch, sondern würde wie ein Helmholtz-Resonator wirken. Was ist denn das nun wieder? Also, die Luft in dem Loch hat ein sehr starkes "Wir"-Gefühl und schwingt quasi wie ein "massiver" Luftpfropfen mit. Obwohl das nicht so anschaulich ist, aber auch Luft hat eine Masse (zwar nur 1.2 gr/l aber immerhin), und dieser Luftpfropfen muss auch gegen die Luftfeder des Gehäuses arbeiten (wie bei einer Luftpumpe). Und wo eine Masse und eine Feder ist, da ist auch die Resonanzfrequenz nicht weit (wie beim Lautsprecher auch). |
Eine "schöne" Eigenschaft des Helmholtz-Resonators ist, dass der Luftpfropfen nur bei einer Frequenz so richtig mitschwingt (und da sogar so kräftig, dass er von hinten herum sogar die Membranbewegung beruhigt). Oberhalb dieser Frequenz ist der Luftpfropfen so träge, dass er nicht mehr mitschwingt. Unterhalb der Helmholtz-Resonanzfrequenz wirkt das Loch wie ein Loch und läßt den gegenphasigen Schall nach draußen, wodurch es unterhalb dieser Frequenz zu Auslöschungen kommt. Na ja, oberhalb der Helmholtz-Resonanzfrequenz gibt es doch noch ein paar kritische Stellen, schließlich handelt es sich ja um ein beidseitig offenes Rohr und das hat nun mal Resonanzen bei 1/2, 2/2, 3/2, 4/2 etc. der Wellenlänge (wie wir gerade oben gelernt haben).
Die "Kunst" der Abstimmung einer Bassreflex-Box ist es nun, Lautsprecherparameter, Gehäusegröße und Loch- bzw. Rohrdurchmesser und -länge so abzustimmen, dass sich der gewünschte Frequenzgang ergibt. Die Gehäusegröße wird tendenziell so gewählt, dass sich in einem geschlossenen Gehäuse ein Qtc-Wert unter 0.7 einstellt (in der Regel 0.5 - 0.6). Dann wird der Helmholtz-Resonator so abgestimmt, dass dessen Resonanzfrequenz dort zu liegen kommt, wo die geschlossene Box schon etwa 6 bis 10 dB Pegelabfall hat. Der zu geringe Output des Lautsprechers allein wird durch den Output des Helmholtz-Resonators unterstützt, so dass sich ein linearer Frequenzgang ergibt.
Wer es genauer wissen will, der kann den ONLINE-Rechner für Bassreflexgehäuse benutzen. Besonders gut eignen sich übrigens Lautsprecher mit einem etwas geringeren Qts und einer etwas höheren Resonanzfrequenz Fs bzw. einem EBP zwischen 80 und 120 (engl: Efficiency Bandwith Product). Es gilt: EBP = Fs / Qts. Solche Lautsprecher haben auch einen höheren Wirkungsgrad eta, da dieser proportional zu 10 · Log10 (Fs³ / Qes) ist.
Leider zeigt LASIP nicht die Zusammensetzung des Gesamtschalldrucks aus den Anteilen Lautsprecher und Bassreflex-Rohr. Dies kann z.B. das Program LspCAD, welches z.B. von INTERTECHNIK vertrieben wird (dargestellt wird ein anderes Chassis).
Hier sieht man schön die Auslöschung der beiden Schallanteile unterhalb der Helmholtz-Resonanzfrequenz.
Wie bereits oben erwähnt ergibt sich bei der Helmholtz-Frequenz ein relatives Auslenkungsminimum, der hin- und herschwingende Luftpfropfen bedämpft die Bewegung des Lautsprechers. Bei tiefen Frequenzen ist die Auslenkung einer Bassreflex-Box allerdings deutlich höher, da ja die Versteifungswirkung durch die Luftfeder nicht mehr besteht. Bei hohen Lautstärken (oder Plattenspielerbetrieb) sollten daher Frequenzen unterhalb der Helmholtz-Frequenz durch Einsatz eines Subsonic-Filters vom Lautsprecher ferngehalten werden.
im Grunde keinen wenn.....er groß genug ist das keine Strömungsgeräusche durch die Luft entstehen können. Bei zu kleinem Rohr "bläst" der Wind durchs Rohr, bei fast allen Subwoofern zu hören. Bei zu großem Rohr hört man auch mittlere Frequenzen sehr stark durch das Rohr, kritisch bei Zweiwege-Systemen.
Hinzu kommt, wenn der Durchmesser größer gewählt wird, wird das Rohr auch länger. Erstens passt es dann vielleicht nicht mehr in die Box und zweitens können dadurch Resonanz-Effekte ähnlich einer TML auftreten.