Obra - die klassische 3-Wege-Standbox oder auch.....die Baustellenbox

Was ist ein/eine OBRA?

Obra ist ein Wort das aus dem spanischen Wortschatz kommt und streng Übersetzt Werk oder auch arbeiten bedeutet. Das in den meisten Sprachen Wörter, je nach Satzzusammenhang, oft verschiedenen Bedeutungen haben, kann es im spanischen auch vorkommen das diesen Wort für Baustelle verwendet wird. Das ist hier im Zusammenhang mit obra(construcción) = Baustelle zu sehen. Dieser Zusammenhang passt perfekt zu unserer Obra, da die Planung und der Großteile der Arbeiten während unserer Baustellenphase stattfanden. Ihr erinnert euch an den Bagger in unseren Räumen? Wenn man sich die möglichen Einsatzzwecke für den Begriff Obra anschaut, stellt man schnell fest das offenbar wir Deutschen die Bedeutung der Wörter sehr viel enger fassen.

Also bleiben wir dabei, Obra, die Baustelle. Ach ja, Wenn man in einem Übersetzer das Wort Obra als deutsches Wort eingibt und es sich auf Russisch übersetzen lässt sieht es optisch recht ähnlich aus

Обра, ziemlich schräg oder? Dann heißt es allerdings Konversation und eine Konversation mit möglichst vielen Leuten möchten wir mit der Obra erreichen.

 

 

 

 

 

 

 

Obra - die klassische 3-Wege-Standbox

Wieso ist das eine klassische Box? Nun, in den 80er Jahren waren diese Konstruktionen mit zwei Tieftönern, Hoch- und Mitteltonkalotten recht verbreitet. Als Beispiel hier die Obra neben einer Braun LS150 aus unserem Spielfundus.

Die Entwicklungsziele bei der Obra waren:

  1. nicht zu großer Standlautsprecher
  2. familienfreundlich (integrierter Berührungsschutz)
  3. soll auch leise gut klingen (leichte Loudness-Charakteristik)
  4. soll auch mal richtig laut können (partyfest)
  5. soll preiswert sein
  6. soll im Bassbereich an den Raum anpassbar sein

Das Grundkonzept war recht schnell klar:

  • 2 Stück FOUNTEK FW222 für 1, 2, 4 und 5
  • DAYTON Mitteltonkalotte (aus der Rocket) und Hochtonkalotte (aus der LAL) für 2, 3, 4, 5
  • Getrennte Gehäuse mit je einem BR-Rohr für 4, 5 und 6
  • 3-Wege-Weiche mit Impedanzentzerrung im Bassbereich für 5 und 6

Da wir uns in letzter Zeit sehr häufig mit der umtriebigen Firma Variant-GmbH kurzschließen, weil es dort eine perfekt eingerichtete Schreinerei mit hochqualifizierten Mitarbeitern gibt, baten wir um ein Testgehäuse welches uns freundlicherweise schnell und unkompliziert zur Verfügung gestellt wurde. Hier der Entwurf für die Obra

Das Gehäuse ist im Grunde recht einfach, bis auf die beiden Schrägen. Wie man diese leicht erstellen kann wir sehr schön auf der Seite von DonHighEnd gezeigt. Die Profis mit den richtigen Maschinen machen das so.

säge

Und so kam das Testgehäuse dann bei uns an und wir haben die Chassis zum ersten Mal eingebaut. Dabei fiel uns dann auf das wir die schrägen etwas unproportional gestaltet haben, was wir im fertigen Bauvorschlag korrigierten.

Dann kam das übliche, bei uns in der Regel monatelange Prozedere der Abstimmung, der Optimierung der Absorption, usw. usw.

Wir benutzen dafür wie immer unser Steckbrett mit dem wir blitzschnell zwischen verschiedenen Abstimmungen hin und her switchen können.

An dieser Stelle sei noch mal betont das wir für diesen Vorgang immer sehr lange brauchen, weil wir uns nicht als Kistenschieber und Hilfsdienstleister der Vertriebe sehen. Unser Ziel ist nicht möglichst viele Bauvorschläge in kurzen Abständen zu bringen, sondern nachhaltige Konstruktionen mit denen man lange leben kann. So kann es auch mal vorkommen das ein Bauvorschlag längere Zeit unangetastet im Nebenraum steht. Man wundert sich immer wieder was man alles hört, wenn man einen Lautsprecher mal einige Wochen nicht gehört hat. Am Ende führt das aber dazu das wir hinter unserer Abstimmung stehen und sie ohne Sorge in die Freiheit entlassen.

Also nach dem ganzen Abstimmkramm und vielen Hörsessions war dann klar wie die Obra werden soll. in Zusammenarbeit mit Variant-HiFi haben wir uns für eine mutige Farbe entschieden, etwas Edles, hochwertiges.

Das auch aus dem Grund, weil die Farbe zur Abstimmung der Obra passen sollte. Denn tatsächlich klingt sie vollmundig, vornehm, edel zurückhaltend jedoch ohne etwas über den Maßen zu verschweigen. Die Obra klingt wie ein langer gereifter Wein schmeckt, überzeugend, mit keinerlei fiesem Nachgeschmack.

Das mag dem ein oder anderen nicht auf Anhieb gefallen wie wir in Hörsessions feststellen durften. Wir hatten das Gefühl die Leute haben einen Ferrari erwartet und hörten einen Bentley. Aber ihr dürft es glauben, auch die Ferrari Fahrer kommen früher oder später auf den Bentley, wenn es nur als weiteres hochwertiges Fahrzeug ist. Jeder wird irgendwann mal Cruisen wollen, in der Gewissheit das alles richtig ist und dass man nicht nervös werden muss. Diese innere Ruhe muss man erlebt haben um es zu verstehen.

Da kann man dem Lackierer von Variant-HiFi nur ein Kompliment machen

Als die Arbeit endlich fertig war kam der Zusammenbau der Lautsprecher und das war kein Spaß. Die Farbe die die Obra bekommen hat, ein edles BMW M3 Blau, ist quasi ein Staubmagnet und man steht ständig unter Hochspannung in der Angst ihr einen Kratzer zu verpassen. In unserem Hörraum ist wohl noch nie so oft staubgesaugt worden wie in diesen Tagen.

Die Absorption ist auch schnell erklärt. In der oberen Kammer ein akustischer Sumpft aus Mineralwolle über dem Bassreflexrohr und in der unteren Kammer unter dem Rohr. Das Ganze dann mit Noppenschaumstoff als Sperrschicht abgedeckt. Die Rückwände bekommen auch ein Lage Mineralwolle, ebenfalls mit Noppenschaumstoff abgedeckt.

Noch Noppenschaumstoff an die Wände und fertig ist die Laube.

Dann kam der große Moment, als sie zum ersten Mal fertig in unserem Raum standen

Ist schon ein tolles Stück Technik geworden die Obra, aber sch.... zu fotografieren.

Apropos Technik, hier etwas aus der Technik-Abteilung

Messungen im Hörraum:

Es wurden Dutzende von Messungen im 2 verschiedenen Hörraumen gemacht und insgesamt 4 Weichengenerationen entwickelt. Die erste Weichengeneration mit 18 dB-Filtern benötigte SEHR viele und teure Bauteile und wurde schließlich zugunsten eines einfacheren Aufbaus abgelöst. Variationen einzelner Bauteile innerhalb einer Version wurden mit Buchstaben gekennzeichnet. Die final abgenickte Version war dann die 4. Generation in der 4. Modifikation, also die FrequenzWeiche FW4d.
Gerade bei einer 3-Wege-Box haben wir nicht alle Bauteile in unserer steckbaren Frequenzweiche doppelt vorhanden, so dass wir üblicherweise nur eine Box abstimmen. Die letzte Messung der "gesteckten" Weiche FW4d im Hörraum sah dann so aus:


-> mit einem Abfall von 4dB/Dekade klingt die Obra tendenziell warm und "groß"

Und so sah dann schließlich die fertig zusammengebaute Weiche FW4d aus:


-> es wurden im Mittel- und Hochtonbereich fast ausschließlich MCapEVO verwendet

Und dies ist das Weichenschaltbild:

Bei Variant-HiFi wird es in Kürze den kompletten Bausatz inkl. Weichenbauteile geben, die Gehäuse stehen schon bereit.

Unsere Abonnenten haben Zugriff auf das Boxsim-Modell.

Winkelfrequenzgang im Messraum:

Nachdem wir die Obra im Hörraum subjektiv (Hören) und objektiv (Messen) abgestimmt hatten wurde sie abschließend in unserem ReflexionsArmen Raum (= RAR) gemessen.
Hier ging es im Wesentlichen um das horizontale und vertikale Rundstrahlverhalten. Der Hochtöner sitzt bei der Obra (ohne Füße) auf 95 cm Höhe. Ausgehend von dieser "Referenzhöhe" (HT00) wurden Messungen 5 cm tiefer (HT-05) und 5 cm (HT+05) bzw. 10 cm (HT+10) höher gemacht. Die Messungen wurden in 120 cm Abstand gemacht. Bei dreifachem Hörabstand entspräche dies einer Ohrhöhe von 80 cm ("Lümmelsofa"), 95 cm (Sofa), 110 cm (Stuhl) bzw. 125 cm.

Auf Achse ergibt sich dann folgender Frequenzgang (Hinweis: die Welligkeit < 1.5 kHz und der Einbruch um 130 Hz kommen vom Messraum):


-> auf Höhe des Hochtöners (Sofa, grüne Kurve) ergibt sich auf Achse eine leichte Delle um 4 kHz und ein etwas frischer Hochtonbereich > 6 kHz
-> bei etwas höherer Sitzposition (rote bzw. schwarze Kurve) wird die 4 kHz-Delle reduziert

Wenn man auf Höhe des Hochtöners misst sieht die seitliche Abstrahlung so aus:


-> bei 30° verschwindet die Delle um 4 kHz und die Hochtonanhebung ab 6 kHz und es ergibt sich fast ein Constant Directivity-Verhalten

Wenn man die insgesamt abgestrahlte "horizontale" Energie berechnet ergibt sich folgender Verlauf:


-> die Überhöhung > 6 kHz ist weg, und die Delle um 4 kHz auch
-> es ergibt sich ein kontinuierlich leicht abfallender Verlauf

In einem normalen Hörraum hört man eben nicht nur den Direktschall, sondern auch die Reflexionen an den Seiten, der Decke und dem Boden tragen zum Lautstärkeeindruck bei. Durch Drehen der Lautsprecher kann man den Direktschallanteil dosieren.

Generell ist die Obra leicht warm abgestimmt - damit sie auch bei niedrigen und mittleren Lautstärken schon voll klingt. Der mittlere Wirkungsgrad ist mit knapp 90 dB/2.83V/m recht hoch, allerdings "mogelt" die Obra etwas, da sie eine 4 Ohm-Box ist (der Wirkungsgrad beträgt knapp 87 dB/W/m).

Zusammenspiel der Chassis:

Wenn man nur jeweils eine Chassisgruppe an die Weiche anschließt und mit dem Gesamtpegel vergleicht ergibt sich folgendes Bild:


-> die Übergänge sind bei ca. 700 und 2900 Hz

Und so sieht es aus, wenn man den Mitteltöner verpolt anschließt:


-> sehr effektive Addition von TT und MT (den Unterschied sollte man deutlich hören können), weniger effektiv bei MT und HT

Klirrfaktor:

Mit ARTA wurde eine Messung nach der Farina-Methode gemacht:

Der Anregungspegel wurde auf 10 Volt(RMS) eingestellt, dadurch ergab sich im Mittel (250 Hz - 16 kHz) ein Schalldruckpegel von 99 dB in 1m Abstand. Die Messung wurde über "Analysis / Frequency response and distortions" ausgewertet und ergab folgende Kurve:


-> gerade im kritischen Mitteltonbereich (700 bis 3000 Hz = Einsatzbereich des Mitteltöners) ist der kritische Klirrfaktor K3 sehr gering

Mit unserem Standardtool JustTHD ergab sich dabei folgender Klirrfaktor:


-> K2 und K3 sind weitgehend identisch
-> bei 1.9 kHz ist K5 ggf. noch relevant

Bei den höheren Klirrkomponenten ergibt das JustTHD-Tool oft keine Werte, weil der Klirrfaktor sich nicht genug vom Hintergrundgeräusch abhebt, also kein klarer Klirrfaktor erkennbar ist. Dies kommt vor allem durch den hohen Messabstand von 120 cm (sonst wird in 20 cm Abstand gemessen).

Dieser Auswertung liegt eine Aufnahme des wiedergegebenen Geräusches zu Grunde, die man so darstellen kann:

Im Gegensatz zur ARTA-Auswertung zeigt unser buntes Bildchen aber ALLE Ordnungen (z.B. die höheren Klirrkomponenten bis zu K30 im Bereich von 40 bis 125 Hz).

Linearitätscheck:

Abschließend wurde noch ein Linearitätscheck gemacht mit bis zu 20 Volt Anregung (das sind 100 Watt an 4 Ohm, im Bassbereich werden dabei ca. 109 dB Schalldruck erzeugt):


-> die letzten 3-4 dB konnte die Obra insbesondere im Grundtonbereich nicht mehr linear in Schalldruck umsetzen
-> Mittel- und Hochtöner halten sich wacker!!!

Einfluss der Impedanzentzerrung im Bassbereich:

Eine partyfeste Box sollte einen guten Wirkungsgrad haben (damit sich der Verstärker nicht zu sehr anstrengen muss) und auch eine nicht zu niedrige Impedanz (damit sich der Verstärker nicht zu sehr anstrengen muss). Bei der Parallelschaltung von zwei 8 Ohm Tieftönern und ungünstiger Weichenauslegung kann es schon mal zu Impedanzen < 3 Ohm kommen, die mancher Verstärker nicht so mag.
Dank Impedanzentzerrung im Bassbereich ist der Impedanzverlauf in allen 4 Gehäusevarianten gutmütig:

Variante BR oben BR unten
TTOO auf auf
TTOZ auf zu
TTZO zu auf
TTZZ zu zu

Wenn man die Tieftöner in Boxsim nur mit ihren TSPs simuliert, virtuell in das Gehäuse der Obra einbaut und virtuell mit der Weiche FW4d beschaltet kann man den Einfluss der Impedanzentzerrung im Bassbereich am besten erkennen:


-> am meisten Tiefbass gibt es mit der BR+BR-Variante (85.5 dB bei 40 Hz)
-> ohne Impedanzentzerrung ergäbe sich eine Bassüberhöhung um ca. 2 dB von ca. 70 bis 200 Hz sowie ein Impedanzminimum von 3.0 Ohm um 150 Hz

Die Kunst ist es eine Impedanzentzerrung auszulegen, die in allen 3 Varianten (BR+BR, BR+CB, CB+CB) gut wirkt . . .

Impedanzverlauf:


-> Impedanzminimum im Bassbereich > 3.54 Ohm (beide BR-Rohre offen)

Bei einem offenen BR-Rohr verändert sich die Impedanz kaum mit dem Anregungspegel:

Spannungsverlauf:

Um zu überprüfen, ob die Weiche korrekt aufgebaut wurde kann man den Spannungsverlauf mit angeschlossenen Chassis messen. Auch hier gibt es prinzipiell 4 Verläufe im Bassbereich:


-> nur sehr geringer Einfluss des BR-Status

Überprüfung der Weiche:

Wenn es nur darum geht die korrekte Verlötung der Weiche zu überprüfen kann man statt der Chassis auch einfach Widerstände anschließen mit ähnlichen werten wie die angeschlossenen Chassis:

  • 3.9 Ohm für die parallelgeschalteten Tieftöner
  • 6.8 Ohm für den Mitteltöner
  • und 3.3 Ohm für den Hochtöner

Dann ergibt sich folgender Spannungsabfall über die jeweiligen Widerstände:

Außerdem kann man die Gesamtimpedanz überprüfen:

An dieser Stelle noch ein ganz herzliches Dankeschön an die Leute von Variant-HiFi, es war eine tolle Zusammenarbeit.

 

Kosten für eine Box

156€ -- FOUNTEK FW222-8  x 2
55€ -- DAYTON RS52AN-8
36€ -- DAYTON RST28-4
6€ -- BR Rohr HP70  x 2
4€ -- Speakon NL4MPR

Variabel ist natürlich das Holz wegen der gewünschten Ausführung. Bei der Weiche gibt es auch Spielraum was die Bauteile betrifft, solange man alle Werte einhält. Besonders bei den Spulen ist auf die richtigen Widerstandswerte zu achten weil die direkten Einfluss auf die Abstimmung haben. Wenn wir eine Spule mit einem hohen Widerstand verbauen, dann hat das einen Grund. Eine "bessere" Spule zerstört dann die Abstimmung. Die drei Elko´s in den Paralellzweigen durch teure Zinnfolien Kondensatoren zu ersetzen macht natürlich auch keinen Sinn. 

Alles in allem sollte man mit 900-1000€ für beide Lautsprecher in einer normalen Ausführung hinkommen. Ein lackiertes Gehäuse wie unseres treibt den Preis natürlich sehr in die Höhe.

 

Kommentare

josch
3 jahre vor
Hallo, gerne würde ich das Boxsim-Modell herunterladen. Ich habe alles abgesucht und es nicht gefunden. Könnt ihr mir verraten, wo das Boxsim-Modell für Abonnenten zu finden ist? Vielen Dank. Könnt ihr noch das Boxsim-Modell bereitstellen?
vex
3 jahre vor
Sieht wunderschön aus. Auch der Lackierer hat tolle Arbeit geleistet. Hut ab!
Dirty Harry
3 jahre vor
Wirklich schöne Box geworden. Am Anfang hat der Mitteltöner ja noch etwas rumgezickt gehabt, wie habt Ihr den in den Griff bekommen?
Theo
3 jahre vor
Das stimmt. Wir haben das mit einer höheren Trennfrequenz gelöst.

:-) Theo

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