Da haben wir uns so viel Mühe damit gegeben, die ELTAX Millenium 400 zu modifizieren (s. Teil 1 (Istzustand) und Teil 2 (Modifikation) des Berichtes), und dann das - es gibt sie nicht mehr! Wir hatten extra einen Lautsprecher aus dem CONRAD-Katalog gewählt (und nicht etwa ein Angebot von SATURN oder Media-Markt), da dies unserer Meinung und Erfahrung nach ein Garant für langfristige Verfügbarkeit ist. Falsch gedacht! Na ja, das Angebot war aber auch ZU verlockend.

An diesem Punkt hätte die Geschichte zu Ende sein können, wenn nicht ein paar Leser und Abonnenten des ONLINE-Magazins statt der - auf unseren Rat - bestellten ELTAX Millenium 400 der "Ersatztyp" ELTAX Millenium 500 geliefert worden wäre.

"Ersatztyp" ist gut: während die 400er mit ihren beiden 20er Bässen eher ein Dickschiff war ist die 500er mit ihren beiden 13er Bass-/Mitteltönern und der elegant gewölbten Seitenwände eher ein "Feingeist":

Da verstehe ich schon, warum die 400er-Besteller schwach geworden sind . . .

Nun ist das aber beileibe kein "Ersatztyp", sondern ein völlig anderer Lautsprecher. Und so konnten wir natürlich auch keine Tipps geben, wie man denn diesen Lautsprecher tunen konnte. Dass er ein Tuning brauchte, dass hatten uns die Betroffenen geschildert: statt des sehr "fetten" Klangbilds der originalen 400er wurde durch die Bank ein erstaunlich tiefer und trockener Bass erwähnt, aber auch nervige Mitten und Höhen.

Nach den guten Erfahrungen mit dem Tuningpotenzial der 400er waren wir guten Mutes, auch die 500er deutlich verbessern zu können. Auf meinen Hinweis hin hatte die 500er einen neuen Bewunderer gefunden - meine Schwester. Und damit auch einen Abnehmer für die getunte 500er. Na dann konnte es ja losgehen . . .


Messung des Ausgangszustands

Zunächst wurde mal der Ausgangszustand vermessen:


Bis auf einen unschönen Einbruch bei 1600 Hz sieht das für eine Raummessung doch eigentlich ganz gut aus! Aber halt: bei einer Messung im Hörraum sollte der Frequenzgang zu den Höhen hin leicht abfallen, da ja das Absorptionsvermögen des Raumes zu hohen Frequenzen hin ansteigt und am Messpunkt nicht nur der Direktschall sondern auch der Diffusschall mitgemessen wird. Unter diesem Gesichtspunkt versteht man die Beschreibung, dass die Höhen etwas "vorlaut" sind. Aus den Messungen sieht man aber auch, dass der Frequenzgang oberhalb von 2 kHz mit Grill deutlich unruhiger wird -> für "ernsthaftes" Musikhören sollte die Frontbespannung mal Pause haben . . .


Uups, das sieht nicht gut aus: die Bass-/Mitteltöner haben bei 2 kHz eine unschöne Resonanz, fallen dann steil ab, melden sich aber bei 5.5 kHz noch mal etwas zu Wort. Der Verlauf des Hochtöners sieht im Prinzip sehr gut aus, allerdings geht er ziemlich weit runter. Im Übernahmebereich der beiden Chassis geht es drunter und drüber. Das könnten die "nervigen" Mitten sein.

Bis hierher musste man übrigens Dank Bi-Wiringterminal die Box noch nicht auseinander schrauben! Aber jetzt wollen wir es mal genauer wissen. Das Bi-Wiringterminal hat sich meinen Öffnungsversuchen übrigens ziemlich hartnäckig widersetzt. Erst als ich die Überwurfmuttern des oberen Anschlusses ganz aufgedreht, durch die dann sichtbaren Öffnungen ein Kabel gezogen und dies als "Pack-An" benutzt habe gab der Klügere nach . . .

Das "spartanische" Weichenlayout (4 Bauteile für 3 Chassis) kennen wir ja schon von der 400er, wobei die Qualität des Kondensators vor dem Hochtöner nicht gerade überzeugt. Als Schema sieht das dann so aus:


Ah, ja. Die 1.51 mH Spule vor dem unteren Bass hat kaum eine Wirkung (nur - 5dB bei der Trennfrequenz von 2 kHz) und auch die 0.21 mH Spule beschneidet den oberen Bass-/Mitteltöner kaum (-1.5 dB bei 10 kHz). Immerhin filtert die Weiche den Hochtöners recht effektiv, obwohl es einen "komischen" Schlenker um 2000 Hz gibt. Das versteht man besser, wenn man die Impedanz der Einzelchassis misst:


Die Bass-/Mitteltöner haben eine erstaunlich hohe Schwingspuleninduktivität (= lange Schwingspule? = hoher linearer Hub?), weswegen die Spulen der Weiche kaum Wirkung zeigen. Der "komische Schlenker" beim Hochtöner kommt von der Interaktion der Frequenzweichenbauteile mit der relativ hohen Resonanzfrequenz von 1500 Hz.

Wie kann denn der Hochtöner linear bis 2 kHz abstrahlen, wenn ihm die Weiche da schon 7 dB klaut? Tja, da muss der Hochtöner wohl einen 7 dB Peak bei 2 kHz machen, oder?


Was man mit einem zu kleinen Magneten nicht alles anstellen kann!?! Die TSP des Hochtöners sind übrigens Fs=1480 Hz, Rdc=7.26 Ohm und Qtc=1.47, was rechnerisch eine Überhöhung von 3.9 dB bei 1690 Hz ergeben sollte! Die restlichen 3 dB verliert er dann noch einmal durch eine Stufe oberhalb von 6 kHz -> voilà: 7 dB!

Aus den Ergebnissen der Spannungsmessung und der Schalldruckmessung kann man bei einem kalibrierten Messsystem übrigens den Wirkungsgrad berechnen:

  • die mittlere Eingangsspannung war etwa -35 dBV pro 1/12 Oktavband (der Verstärker stand auf 50 dB, es wurde der Track 1 verwendet)
  • der mittlere Schalldruckpegel in 1m war etwa 57 dB pro 1/12 Oktavband (der Verstärker stand auf 60 dB, es wurde der Track 1 verwendet)
  • Bei der Verstärkerstellung von 60 dB wäre die Eingangsspannung 10 dB höher gewesen, also - 25 dBV. Dabei wurden also 57 dB Schalldruckpegel erzeugt
  • Hätte man mit 1 V (= 0 dBV) pro 1/12 Oktavband angeregt wäre ein Schalldruck von 57 + 25 = 82 dB erzeugt worden, an 2 V (+ 6 dBV) sogar 88 dB -> der Wirkungsgrad der 4 Ohm-Box beträgt 88 dB/W/m!
Wer mit den dBs nicht so ganz klar kommt sollte sich vielleicht noch mal unseren Grundlagenartikel "Mit dem dB auf Du und Du" angucken.

Chassis- und Weichentuning

Zunächst wurden mal versucht, das Resonanzverhalten der Bass-/Mitteltöner zu verbessern:


Das war ja gar nicht so schwer! Die große Inverskalotte zeigte bei 2 kHz ein reges "Eigenleben" (Fingernageltest), was bereits eine kleine Zusatzmasse in der Mitte der Kalotte beruhigte. Aus optischen Gründen wurde schließlich ein schwarzer Gummifuss auf die Kalotte geklebt. Damit diese nicht immer wieder abvibriert wird empfiehlt sich TESA PowerStrip für die Verbindung.

Wollen wir uns nichts vormachen: die Masse auf der Inverskalotte macht aus dem Bass-/Mitteltöner noch kein Spitzenchassis! Sie kuriert nur eine "Macke" ziemlich hemdsärmelig. Leider erreicht der Bass-/Mitteltöner trotz vergleichbarem Membrandurchmesser nicht die Qualität des Mitteltöners der ELTAX 400. Auch das Gehäuse führt trotz 2 Ringversteifungen aufgrund der geringen Materialstärke von 13 mm ein reges Eigenleben. Einen wirklich guten Lautsprecher kann man aus den gegebenen Zutaten nicht machen. Ziel der Frequenzweichenoptimierung war daher, mit möglichst wenigen Mitteln auszukommen, die auch noch alle auf die vorhandene Frequenzweichenplatine passen sollten. Schauen wir uns erst mal das Endergebnis an:


Das Loch bei 1600 Hz ist weg und der Hochtonbereich ist um knapp 3 dB abgesenkt. Damit dürften die beklagten "nervigen" Mitten und Höhen kuriert sein. Oberhalb von 5 kHz klingt der Hochtöner ähnlich brillant wie schon der Hochtöner der ELTAX 400, so dass die 500er vorzugsweise nicht zum Hörer hin angewinkelt sein sollte (30° Kurve).

So, und wie sieht nun die Weiche aus?


Na, da sind ja bei den Bass-/Mitteltönern nur ein paar Impedanzkompensationsglieder dazugekommen und beim Hochtöner ein Spannungsteiler!

Ach ja, und der Kondensator vor dem Hochtöner sollte noch durch einen Folienkondensator ersetzt werden. Insgesamt kosten die zusätzlich benötigten Weichenteile nur ca. 7 €! Der Hochtöner war übrigens vorher verpolt angeschlossen (die Beschriftung auf der Frequenzweichenplatine war entsprechend vertauscht), muss jetzt aber nicht verpolt angeschlossen werden, d.h. entgegen der vertauschten Beschriftung (nach dem Motto: minus mal minus gibt plus).

Und wie funktioniert die Weiche nun?


Ja, da kann man bei den Bass-/Mitteltönern wenigstens von einem Filter sprechen. Und der untere Bass-/Mitteltöner meldet sich jetzt so weit ab, dass sich im Übernahmebereich nur noch der obere Bass-/Mitteltöner und der Hochtöner überlagern. Wer will kann noch etwas mit der 1.5 mH-Spule experimentieren. Eine Änderung auf 3.3 oder sogar 5.6 mH dünnt den Grundtonbereich um 500 Hz etwas aus, was je nach Aufstellung günstig sein kann. Wer diesen Punkt mithilfe von LASIP näher untersuchen will findet hier die TD6-Dateien der Chassis.

Mit der oben gezeigten Frequenzweiche ergibt sich nun auch ein günstigerer Impedanzverlauf als vorher:


Die geringfügige "Verschiebung" der Impedanzspitzen im Bassbereich dürfte auf das "Einspielen" der Chassis zurückzuführen sein. Bei der neuen Frequenzweiche ergibt sich ein sehr gleichmäßiger Impedanzverlauf im mittleren und oberen Frequenzbereich.

So, das soll es aber zum Thema ELTAX-Tuning erst mal gewesen sein. Ich hoffe wir konnten zeigen, dass man mit systematischem Vorgehen auch ohne "Zerlegen" einer Box einen Eindruck über Stärken und Schwächen erhalten und abschätzen kann, ob sich ein "Tuning" lohnt.

Kommentare

Ivan
13 jahre vor
Können Sie nochmal eine art Tabelle mit allen nötigen Bezeichnungen der benötigten Weichen Bauteile erstellen?

Danke :-)
1
Pico
14 jahre vor
Hi Dirk,

die ELTAX-500 ist ein kleines Böxchen und kein PA-Lautsprecher. Daher sind wir nicht davon ausgegangen dass jemand eine Fete damit machen will sondern haben die Bauteile "normal" dimensioniert.

Wenn ein Kondensator geplatzt ist (und die bipolaren tonfrequenzelekos die man üblicherweise für Freqenzweichen verwendet haben mindestens 35 Vac), dann muss eine Spannung von mehr als 35 Vac an der 4 Ohm-Box angelegen haben - das sind schlappe 250 Watt RMS!!! Da Dein Denon die nicht schafft denke ich dass Du entweder einen Super-Billig-Kondensator verwendet hast oder einen NICHT bipolaren. Die 33uF-Tonfrequenzelkos gibt es auch als 50 Vac und 70 Vac-Typen - die MÜSSEN halten (da explodiert eher der Bass ;-)

Der Widerstand bekommt ca. 1/5 der Leistung die der Bass bekommt. Am wärmsten wird er, wenn Töne um 2 kHz auf den Bass kommen - z.B. verzerrte Gitarren etc. Abhilfe schafft hier ein Widerstand mit 10 oder 20 Watt Belastbarkeit.

Mein Tipp: kauf Dir PA-Boxen wenn Du so laut hören willst und quäl die Eltax 500 nicht so . . .

Gruß Pico
Dirk
14 jahre vor
Halllo,

bei etwas mehr und längerer Lautstärke (ca 75% Verstärkerleistung), ist in einer Box beim Bass/Mitteltöner oben ein 33 µF Kondensator geplatzt. Außerdem konnte man am 4,7 Ohm 5 Watt Widerstand sehen das er recht heiß geworden ist. Bei der zweiten Box hat sich die Lötverbindung zwischen C und R entlötet, auch dort konnte man sehen das der R sehr heiß geworden ist. Verstärker Denon 1306
Es betrifft immer den oberen Bass/Mitteltöner.

Haben Sie eventuell ein Idee

Danke im vorraus

Dirk
mh-audio
14 jahre vor
Hallo,

die gebrauchten Widerstanswerte van 1Ohm und 15Ohm sind mit nicht deutlich!
Bei 1Ohm + 15Ohm + Rdc von 7,26Ohm ergibt das eine Abschwachung von -1,62dB bei einer Abschlussimpedanz von 5,892Ohm. :s

Meine Berchnung ergibt:
2R2 und 18R mit -3,08dB bei einer Abschlussimpedanz von 7,37Ohm

Kann mir jedand erklaren warum 1Ohm + 15Ohm fur den Spannungsteiler gebraucht werden?? :confused:

Grusse aus Amsterdam, Manfred
Pico
14 jahre vor
Hi Manfred,

1 Ohm und 15 Ohm haben - subjektiv beurteilt und gemessen - perfekt funktioniert. Lediglich der Hinweis, dass der Hochtöner im Mittel um knapp 3 dB reduziert wurde ist bei genauem Vergleich der Kurven vorher/nachher so nicht haltbar - es waren wohl eher knapp 2 dB. Und dann stimmt die Theorie auch wieder.

-> wo ist das Problem?

Gruß Pico
mhaudio
14 jahre vor
Hi Pico,

ich habe kein Problem, ich war nur neugierig!

Gruß Manfred


http://www.mh-audio.nl
Sebastian
14 jahre vor
Hallo,

haben sie evtl die Chassisdaten für die Bässe parat? Das wäre klasse!

Wurden die Bässe bei der Einzelmessung jeweils ohne Weiche gemessen?

Tausend Dank!

;-)
Theo
14 jahre vor
Hallo Sebastian,

die Chassis wurden in der Box einzeln vermessen, aber ich denke das wir keine TSP Daten ermittelt haben, weil die Box ja nicht geändert werden sollte und man daher eh keinen Einfluss hatte.

:-) Theo
Dirk
14 jahre vor
Hallo ,

sehe ich das richtig, das Sie Dämmmaterial in der Box verwendet haben und damit meine Frage dazu ist > Was und wieviel haben Sie davon gebraucht ?

Gruß

Dirk Pieper
Theo
14 jahre vor
Hallo Dirk,

z.B. je eine Tüte Visaton Dämpfungsmaterial pro Box, oder ähnliches.

http://www.visaton.de/de/chassis_zubehoer/zubehoer/155.html

:-)

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