20er SABA Greencone

 

Wer sich mit Breitbandlautsprechern beschäftigt stößt über kurz oder lang auf die "grünen Pappen", die früher in den Musiktruhen von SABA eingebaut waren. Da ja scheinbar alles einen "neudeutschen" Namen braucht werden diese Chassis auch "Greencones" genannt.

Am häufigsten wurden runde 20 cm Breitbänder verbaut, in den besseren Modellen wurden sie von einem 10 cm durchmessenden Konus-Hochtöner unterstützt - der natürlich auch eine grüne Membran hatte.

Es gibt zahlreiche Seiten, die sich mit Bauvorschlägen für diese Chassis beschäftigen:

dipolplus

Troels Gravensen

Michael Methe

Henning Amcron

Besonders bekannt sind die "schwingenden" Gehäuse der Rondo bzw. Cello.

Die Klangbeschreibungen dieser Konstruktionen hören sich oft sehr enthusiastisch an, häufig ist von "Magie" und "Zauber" die Rede. Sehr oft wird die Wiedergabe als anspringend und lebhaft beschrieben.

Nachdem wir die Greencones in einem unserer alten Schätzchen gehört haben reifte der Entschluss, dem Gehörten (und den Unterschieden zwischen linker und rechter Schallwand) auf den Grund zu gehen und ein Datenblatt der eingesetzten Chassis zu erstellen.

Los geht es mit den Tief-/Mitteltönern SABA Permadyn-19-200-5298-U8 . . .

 

Chassis-Datenblatt © www.hifi-selbstbau.de
So werden Lautsprecherchassis von HiFi-Selbstbau gemessen
Hersteller: SABA Typ: Permadyn-19-200-5298-U8, 5 Ohm Greencones bei Troels Gravensen

Foto des Chassis



Der äußere Eindruck:

Von vorne sieht der SABA Permadyn 19-200-5298-U8 irgendwie "altmodisch" aus - kein Wunder, er ist ja auch schon über 60 Jahre alt! Membran und Sicke sehen eigentlich ganz normal aus (bis auf die grünliche Färbung), aber die (unsymmetrisch angbrachten) vernieteten Schwingspulenzuführungen sieht man heute nicht mehr. Das gilt auch für den Dichtring aus Filz - der ist heute meist aus Pappe.
Ungewöhnlich sind auch die sehr weit ausragenden und kaum versteiften "Ohren": damit diese nicht beim Befestigen des Chassis verbogen werden gibt es "Gummilager" mit integrierten Innenbuchse. Diese Kombination ("weiche" Ohren + "Gummilager") sorgt auch dafür, dass Schwingungen nicht sehr effektiv in die Schallwand eingeleitet werden können. Reaktionskräfte müssen dann aber vom Chassis selbst aufgebracht werden, was in Anbetracht der sehr geringen bewegten Masse (Troels Gravensen misst ein Mms von 6.92 gr, Hobby HiFi in Heft 5/2006 von 7.4 gr) nicht allzu schwer ist.
Von hinten sieht der AlNiCo-Magnet eher schwindsüchtig aus - der massive obere und untere Metallbügel schließt den Magnetkreis, der eigentliche Magnet steckt dazwischen und umschließt gerade mal die 19 mm durchmessende Schwingspule.

Saba Greencone TT


Die Zentrierspinne sitzt auf einem Metallrahmen, der im fertig montierten Chassis noch verschoben und dann mit 2 Schrauben fixiert werden kann - nur so kann man trotz engster Luftspalte (da Magnetmaterial teuer war und Wirkungsgrad sehr wichtig) ein Kratzen der Schwingspule verhindern.



Die TSP

Membranfläche: Außendurchmesser:
Innendurchmesser:
Plugdurchmesser:
-> Membranfläche Sd:
184 mm
162 mm
0 mm
-> 235.1 cm²
TSP aus Impedanzmessung
(Mittelwert und Streuung von
2 Chassis, Anregung -12 dB):
Resonanzfrequenz Fs
DC-Widerstand Rdc
Mechanische Güte Qms
Elektrische Güte Qes
Gesamtgüte Qts
Wirkungsgrad Eta (1m, 2.83V, Halbraum)
89.95 Hz (+/-6.6%)
3.73 Ohm (+/-2.1%)
8.930 (+/-6.4%)
1.840 (+/-7.0%)
1.526 (+/-6.9%)
96.81 dB (+/-0.62)

Die TSP:

Im Impedanzverlauf deuten sich Störstellen bei 750 (L) bzw. 850 (R) Hz, 2 (L) bzw. 2.3 (R) kHz und 2.7 kHz an, die sich entsprechend als Störung im Frequenzgang wiederfinden.

Die Resonanzfrequenz ist wegen der relativ harten Einspannung nur moderat vom Anregungspegel abhängig, sie ändert sich bei Erhöhung der Anregung von -18 auf 0 dB im Mittel um 6.7%. Auf eine Messung bei der höchsten Pegelstufe wurde "aus Altersgründen" verzichtet.

Um die Chassis durch die Zusatzmasse nicht zu beschädigen wurden nur die rudimentären TSPs ermittelten - das Fehlen von Vas ist zu verschmerzen, da diese Chassis wegen ihrer Gesamtgüte > 1.5 ohnehin nur in offenen Gehäusen eingebaut werden dürften ;-)

Beide Chassis zeigen einen deutlichen Unterschied der Resonanzfrequenz, daher sind die Standardabweichungen bei Fs, Qms, Qes und Qts recht hoch. Auch der gemessene Wirkungsgrad (Mittelwert 80 Hz bis 7 kHz) unterscheidet sich um 0.88 dB.

Die Chassis wurde vorher nicht eingerauscht - sie dürften genügend Betriebsstunden auf dem Membrane haben . . .

Basierend auf den ermittelten TSPs sind in einer "unendlichen" Schallwand Überhöhungen von 3.8 dB bei 98 Hz (links) bzw. 4.5 dB bei 105 Hz (rechts) zu erwarten.


Der Frequenzgang:

. . . verläuft von 70 Hz bis 7 kHz auf Achse weitgehend linear (Mittelwert 96.8 dB, Standardabweichung +/- 2.07 dB). Um 800 (L) bzw. 900 (R) Hz gibt es einen ca. 7 dB tiefen Einbruch (Sickenresonanz), darüber noch eine Überhöhung bei 2 (L) bzw. 2.3 (R) kHz von bis zu 7 dB. Um 4 kHz erreichen die Chassis ihren Maximalpegel, darüber fällt der Schalldruck gutmütig ab.
Unter 15° verhält sich der SABA Permadyn-19-200-5298-U8 bis 3 kHz fast identisch (nur 1 dB Abfall), bis 12 kHz wächst der Abfall auf 5 dB an. Ab 30° geht es schon ab 4 kHz deutlich bergab. Wenn man das Pseudorauschen unter Winkeln abspielt hört ändert sich die Hochtonwiedergabe ab 30° deutlich.
Die Bündelung setzt ab ca. 800 Hz ein, nimmt aber erst oberhalb von 3 kHz so richtig Fahrt auf (60°, -10 dB).

Der winkelgewichtete Schalldruck fällt bis 4 kHz leicht ab, darüber dann stärker. Die Sickenresonanz und die Membranresonanz um 2 bzw. 2.3 kHz sind auch hier noch deutlich erkennbar.

Die Streuung der beiden Chassis auf Achse ist bis 650 Hz sehr gut, darüber weichen sie aber deutlich ab.

Pseudorauschen > 200 Hz (0°. 15°. 30°. 45°. 60°; MP3 42 kB)



Sprungantwort/Pegellinearität

Die Sprungantwort zeigt mehrere "Unregelmäßigkeiten" - allesamt nicht hoch- sondern mittelfrequent.
Im periodenskalierten Zerfallspektren schwingt die Sickenresonanz um 900 Hz etwas länger aus. Ab der ersten Membranresonanz um 2.3 kHz schwingt das Chassis zunehmend länger aus, um 6 kHz gibt es sogar ein zweites "Aufbäumen" (orange "Insel" bei 6 kHz und 9.5 Perioden).

Sprungantwort (Chassis 2, 20 cm. 0°)

Zerfallspektrum (Chassis 2, 20 cm. 0°)


Die Pegellinearität:

Bei einem mittleren Schalldruckpegel von 79 bis 99 dB in 1 m Abstand (das entspricht einer Eingangsleistung von 0.036 bis 3.6 Watt) gibt es bei Anregung von 20 bis 20000 Hz bis 98 dB (+19 dB) nur ganz sporadisch Linearitätsfehler > 0.5 dB (insbesondere > 10 kHz). Nur im Bereich der Sickenresonanz verhält sich das Chassis deutlich nichtlinear.
Erhöht man die Anregung um 6 dB (0.14 bis 14 Watt) kollabiert das Chassis < 100 Hz und um 180 Hz (2* Fs) spätestens ab 103 dB im Bassbereich. Entlastet man das Chassis unterhalb von 200 Hz (Hochpassfilter 12 dB/Oktave), treten wieder nur ganz sporadisch Linearitätsfehler > 0.5 dB (insbesondere > 5 kHz) - mit Ausnahme der Sickenresonanz.


Der Klirrfaktor:

Die Klirrkomponente K2 zeigt oberhalb von 100 Hz einen weitgehend konstanten Verlauf (mit Peaks bei 900 und 2300 Hz) und erhöht sich moderat mit dem Anregungspegel. Die höheren Klirrkomponenten zeigen alle eine Überhöhung um 900 Hz, da dort der Grundpegel ein Minimum hat. Der unharmonische K3 steigt oberhalb von 800 Hz sprunghaft an und bleibt bis 5 kHz auf hohem Niveau - die Pegelabhängigkeit ist eher gering. Die höheren Klirrkomponenten liegen breitbandig im Bereich von 0.1%.

Bei einem mittleren Schalldruckpegel von 80 / 85 / 90 / 95 / 100 dB liegt K2 oberhalb von 80 Hz im Mittel bei noch geringen 0.243 / 0.391 / 0.658 / 1.138 / 2.048 %. Für K3 gilt in diesem Bereich ein Mittelwert von noch geringen 0.263 / 0.316 / 0.371 / 0.460 / 0.712 %.

Nach unseren Untersuchungen (Klirrfaktor - wie viel ist zu viel?) wäre Klirrfaktor im Bassbereich im untersuchten Pegelbereich nur unter 63 Hz hörbar (K3, 100 dB).
Im mittleren Frequenzbereich ist K2 weitgehend unhörbar (selbst die Spitze um 800 bzw. 900 Hz). Demgegenüber ist K3 von 668 bis 1995 Hz hörbar (selbst bei 80 dB), K5 von 316 bis 1334 Hz (selbst bei 80 dB). Betrachtet man alle Klirrkomponenten ab K3, dann sind von 41 möglichen Frequenzen zwischen 200 und 2000 Hz bei den Pegelstufen 80, 85, 90, 95 bzw. 100 dB von den 6 Klirrkomponenten (K3 bis K8) insgesamt 55, 97, 120, 123, 138 von 246 möglichen Werte oberhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle.
Bei dieser Disziplin verhalten sich beide Chassis ähnlich.

Klirrfaktor bei 80 bis 100dB/1m (Halbraum, 20 cm)


HiFi-Selbstbau-Fazit:

Der SABA Permadyn 19-200-5298-U8 ist mit einem Wirkungsgrad von 96.8 dB/2.83V/m (Mittelwert 80 Hz bis 7 kHz) ein recht lauter "5 Ohm" 20 cm Breitbänder. Der Frequenzgang erstreckt sich von 70 bis 7000 Hz, ist aber nicht sonderlich linear (Standardabweichung +/- 2.07 dB):

  • um 800 (L) bzw. 900 (R) Hz zeigt sich eine 7 dB tiefe Sickenresonanz
  • um 2.0 (L) bzw. 2.3 (R) kHz zeigt sich eine Überhöhung um bis zu 7 dB
  • um 4 kHz erreichen die Chassis ihren Maximalpegel, darüber fällt der Schalldruck gutmütig ab

Der Frequenzgang beider Chassis ist > 700 Hz deutlich unterschiedlich (Lage der Resonanzen, mittlerer Pegel > 1 kHz) - das ist für eine exakt reproduzierte Räumlichkeit ungünstig. Die Sickenresonanz um 800 (L) bzw. 900 (R) Hz sowie die Membranresonanz um 2.0 (L) bzw. 2.3 (R) kHz liegen mitten im Übertragungsbereich und führen zu einer Verfälschung des Klangbilds. Diesen "Eigenklang" kann man mögen oder nicht - aber Fehler bleibt Fehler . . .

Bis 99 dB mittlerem Schalldruckpegel ist die breitbandige Pegellinearität gut, für höhere Spitzenpegel muss das Chassis < 200 Hz entlastet werden. Um die Sickenresonanz herum ist das Chassis aber sehr nichtlinear.

Der Klirrfaktor ist moderat, aber die Abstufung der Klirrkomponenten ist ungünstig, so dass die höheren Klirrkomponenten in weiten Frequenzbereichen oberhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle liegen. Die Kombination mit einer Röhrenendstufe mit hohem K2-Anteil scheint sinnvoll zu sein . . .

Die SABA Permadyn-19-200 werden für ca. 100 €/Paar bei ebay gehandelt. Als Zeichen der "Paargleichheit" wird oft der Gleichstromwiderstand angegeben - der natürlich nichts über die Lage der Sickenresonanz und der Membranresonanzen etc. aussagt. Hier kann man nur hoffen ein einigermaßen gleiches Paar zu erwischen . . .

Kompletter Datensatz von 2 Chassis (Impedanz, Schalldruck, Bündelungsgrad und Schallleistung im OCT-Format, Klirrfaktor und komplexer Frequenzgang als TXT-Datei, ZIP, 78 kB)

 

Kommentare

Cologne2Munich
1 jahr vor
Interessant fände ich einen sowohl messtechnischen als auch gehörten Vergleich zu modernen Chassis.
lupo
1 jahr vor
Ja die Greencones, die eigentlich neu mal blau waren....schönen Feiertag!
plasma
1 jahr vor
ja, da werden die Greencone's entzaubert. Ich war ja früher auch dem Wahn verfallen und hab das Chello gebaut. 100 € für ein paar *gut* gebrauchte, wenn es blöd läuft, spielt man die Teile mit einem Monacor SP-205/8 für 19 € neu komplett an die Wand.
Dirty Harry
1 jahr vor
Interessanter Test. Scheint wohl doch mehr Vodoo zu sein als realistische Fakten.
Auf jeden Fall sehr aussagekräftig sind eure Feststellungen...

You have no rights to post comments

Wir benutzen Cookies
Achtung, Hinweis! Wir verwenden auf unserer Webseite Cookies nur zu technischen Zwecken. Unbedingt erforderliche Cookies können nicht abgewählt werden, alle anderen schon.