Realitätsnahe Wiedergabe,

viele behaupten von Ihrer Anlage, dass sie in der Lage sei die Musik so abzubilden, wie sie im Konzert oder Studio aufgenommen wurde. Es soll angeblich "echt" klingen. "Ich war bei der Aufnahme dabei" und dergleichen Unsinn muss man sich da anhören. Dass jemand bei der Aufnahme dabei war wollen wir ja nicht ernsthaft bestreiten, dass seine Anlage diese Aufnahme realitätsnah wiedergibt aber schon.

"Freche Behauptung" mögen viele jetzt denken, aber der nachfolgende Bericht zeigt, dass der Anspruch die Musik so wiederzugeben wie sie die Musiker live einspielten, fast nicht zu erreichen ist. Es wird oft vergessen, dass Kompressoren, Limiter und allerlei sonstiges - in den Augen mancher HiFi-Fanatiker - Teufelszeug mit im Spiel ist.

Wir behaupten an dieser Stelle: das ist auch gut so, denn sonst würden wohl 98% der HiFi-Anlagen nach dem ersten Tutti einer unkomprimierten Musikpassage mit erheblichen Defekten ihre Segel streichen. Tatsächlich realitätsnahe Wiedergabe ist aus unserer Sicht ein Märchen, oder ein Traum, je nachdem wie man es sehen möchte.

Um einen ganz kleinen Schritt in Richtung dieses unerfüllten Traumes zu gehen, bedarf es wirkungsgradstarker LAUTsprecher. Unser Bericht zur LittleWatt (Teil 1) erklärt warum.





Man glaubt nicht, wie schwer es ist über eine gute Box einen Text zu schreiben der das beim Leser rüberbringt, was man beim Bau und der Abstimmung der Box empfunden hat. Man hat das Gefühl etwas Besonderes zu schaffen, und wenn man das Machwerk in den Hörraum getragen hat und ewig viele Stunden in die Feinjustage gesteckt hat, kann man das nicht einfach mit ein paar Sätzen abtun. So eine Konstruktion wie die LittleWatt ist für den Entwickler wie der heilige Gral für die Ritter der Artussaga: man sucht und sucht und sucht, und wenn man es gefunden hat, glaubt man nicht, dass dies das Ende der Suche sein soll.

So ging es mir, Theo, vom HiFi-Selbstbau Team, nach der letztjährigen HiFi-Music-World in Stuttgart. Ich hatte es gehört, ich hatte es in den Augen der Zuhörer gesehen, ich hatte es in Gesprächen unseres Publikums erfahren: die LittleWatt ist ein großer Wurf! Das Publikum bestätigte uns, dass man selten einen "PA"-Lautsprecher gehört hatte, der so homogen klang und so voller dynamischer Fähigkeiten steckte. Aber warum eigentlich PA-Lautsprecher, wo doch solchen Lautsprechern meist etwas "Negatives" anhängt und sie oft eher laut als richtig können? PA ist ja eigentlich die Abkürzung von "Public Adress" und bezeichnet Lautsprecher die zur Beschallung größerer Menschenmengen gedacht sind. Diese Lautsprecher brauchen dafür einen sehr hohen Wirkungsgrad, denn obwohl Leistung heutzutage kein Problem mehr ist, ist der jeweils verantwortliche Tontechniker froh um jedes dB, das er nicht durch schiere Gewalt produzieren muss.

Ein halbes Jahr zuvor......

In uns reifte seit der "Theke", wie die Szene unsere Hochwirkungsgradkombi HighLive liebevoll nennt, der Gedanke, dass ein ähnliches Ergebnis doch auch kleiner und mit Passivweiche zu erreichen sein müsste. Wir hatten nur nicht den richtigen Dreh gefunden die Sache endlich anzugehen. Da rief uns eines Tages Uli Apel, seines Zeichen Röhrenspezialist, Toningenieur und Mitglied des VDT an und erzählte uns von einer Firma, die - seiner Meinung nach - sehr gute Röhrenverstärker baue und auf der Suche nach einem wirkungsgradstarken Lautsprecher sei um diese Elektronik gebührend auf Messen und im Geschäft vorführen zu können. Das war der nötige Anstoß um dieses Projekt zu beginnen.

Wir hatten dann auch schnell eine Grundidee parat, denn Chassis, die wir verwenden können, hatten sich über die Zeit schon heimlich in unsere Herzen geschlichen. Als Tieftöner sollte es etwas sein das laut kann, aber aus einem relativ vernünftigen Gehäuse einen angemessen Tiefgang zaubern kann. Damit ein solches Chassis nicht sofort bei gehobener Lautstärke schlapp macht, bedarf es einer gewissen Größe um genügend Luft verschieben zu können. Viele PA-Chassis haben leider eine geringe Hubfähigkeit, was sich aber durch eine große Membranfläche ausgleichen lässt. So auch bei dem von uns auserkorenen SP-30/200NEO von IMG STAGE-LINE aus dem Hause Monacor. Den hatten wir schon lange auf dem Plan, hatten wir ihm in unserem Datenblatt doch bescheinigt:

"Der Frequenzgang ist bis 2 kHz unter 30° sehr linear, darüber sollte die Arbeit lieber einem möglichst großen Mittel-/Hochtonhorn überlassen werden. Der Klirrfaktor liegt bis 100 dB mittlerem Schalldruckpegel fast auf HiFi-Niveau, unterhalb von 400 Hz ist er selbst bei hohen Lautstärken sensationell niedrig".

Oberhalb von 400 Hz fielen uns seinerzeit allerdings einige "unharmonische" Klirrkomponenten auf, die nach unseren Erfahrungen bei Anregung mit Sinustönen durchaus hörbar sein könnten (s. Klirrfaktor - wie viel ist zu viel). Zum einen liegt die Wahrnehmbarkeitsschwelle der Klirrkomponenten bei Musik wesentlich höher als bei Sinusanregung, zum anderen sorgen diese Komponenten möglicherweise für einen gewissen "Sound", wie er auch Röhrenverstärkern nachgesagt wird. In unseren Abstimmungssitzungen  fiel uns jedenfalls nichts Negatives auf.

In unserem Datenblatt bescheinigen wir dem SP-30/200NEO zudem, dass er in einem 120 Liter großen Gehäuse bis ca. 40 Hz nur einen Pegelabfall von 3dB hat. Das hört sich, rein von der Zahl her, nicht besonders tief an, ist aber für ein PA-Chassis schon als außergewöhnlich zu bezeichnen.

Ein "Schönheitsfehler" des SP-30/200Neo ist vielleicht, dass er "nur" einen Blechkorb hat. Beim Knöcheltest im uneingebauten Zustand fiel auf, dass dieser doch einen Hang zum "Singen" hatte. Damit hier nichts dem Zufall überlassen wird, haben wir ein paar Bitumenpads (BITUMEX/FG4) aufgeklebt, die sehr gut gewirkt haben.

Aber nicht nur der Klirrfaktor des Chassis war für den Einsatz in unserer LittleWatt entscheidend, bei der Frequenzganglinearität zeigt sich dieses Chassis von seiner Schokoladenseite:

Bis ca. 1400 Hz fast durchgehend und ohne nennenswerte Bündelung, das passt doch hervorragend zu einem 2-Wege System. Somit war der SP-30/200NEO für unsere anmachende, musikalische HiFi-PA gesetzt  Der Wirkungsgrad liegt mit ca. 96 dB/2.83V/m perfekt im gewünschten Bereich, denn gute Röhrenverstärker mit hoher Ausgangsleistung sind rar und teuer.

Unser Messprofi Pico beschäftigte sich schon seit der Entwicklung der HighLive mit Hörnern, Hornverläufen und wie, was zusammenpasst. Daraus ist dann auch ein kleiner Bericht entstanden, den wir vor kurzem veröffentlicht haben: 1" Horntreiber und Hörner im Vergleich. Hier kristallisierte sich eine Kombination als besonders gelungen heraus, die Kombination von CELESTION CDX1-1430 und dem MONACOR-Horn MRH-200.

Der Aktualität halber sei hier erwähnt das Monacor seit neuestem auch ein neues Horn (ähnlich dem XT-1086 von Eighteen-Sound) anbietet, das MRH-102. Ob dieses Horn ähnlich gut mit dem CDX-1430 zusammenpasst wie das MRH-200, werden wir vielleicht irgendwann einmal testen. Warum verwendet man denn überhaupt  PA-Chassis wenn es doch so viele gute HiFi-Chassis gibt?

Realitätsnahe Wiedergabe

Nach perfekter, realitätsnaher Wiedergabe sind wir und alle anderen HiFi-Freunde doch ständig auf der Suche. Musik so im eigenen Wohnzimmer zu hören, wie man sich vorstellt, dass es im Konzert klingen soll. Dass viele HiFi-Freunde noch nie ein echtes Konzert gehört haben, sei da nur am Rande erwähnt, da sie sonst wüssten, dass HiFi oft wesentlich "besser" klingt als Live. Dass wir für eine realitätsnahe Wiedergabe ein tonal richtiges Ergebnis benötigen, sollte jedem klar sein, das muss man wohl nicht diskutieren. Wie wichtig ist jedoch die Dynamik und in diesem Zusammenhang die Spitzenlautstärke und die dafür benötigte Verstärkerleistung?

Leider ist auf den meisten CD´s heute allgemein nicht mehr als 20 dB Dynamik drauf (eher weniger), ganz selten gibt es Aufnahmen 30, oder mehr dB Dynamik. (unter Dynamik verstehen wir in diesem Fall den Unterschied zwischen dem energetischen Mittelwert und dem Spitzenwert). Das ist einerseits mies, andererseits gut. Mies, weil das so gar nichts mit realitätsnah zu tun hat, gut weil die heimische Stereoanlage nicht immer an ihre Grenzen stößt und dann rumscheppert. So manch einer freut sich einen Bart ab, wenn er die Shaker glasklar in der Musik ausmachen kann und bezeichnet das als "Auflösung" seiner 50 k-Euro-Anlage. Viele wissen dabei nicht, dass dies nur funktioniert wenn ganz massiv Kompressoren und Limiter eingesetzt werden. Von realitätsnah KEINE Spur. Etliche HiFi-Deliker freuen sich ein Loch in den Bauch, wenn sie die Anblasgeräusche einer Querflöte so deutlich hören wie das Instrument. Das wird erreicht indem man die Anblasgeräusche mit einem 2. Mikro aufnimmt und nach Gusto der Aufnahme beimischt, ähnlich verhält es sich mit dem Seitengerutsche bei Gitarristen. Von realitätsnah KEINE Spur und bei einem normalen (in der Regel verstärkten) Live-Gig hört man davon so ziemlich nichts.

Realitätsnah kann man zuhause allerhöchstens eine akustische Gitarre, Gesang oder ähnliches wiedergeben. Wer ein normal gespieltes Drumset zuhause länger als 5 Minuten hört, wird genervt den Raum verlassen, garantiert (einige Hardcorer sind da ausgenommen).

Also wird die Aufnahme komprimiert, damit man sie zuhause überhaupt genießen kann. Dann sind leise, feine Töne plötzlich deutlich zu hören und extrem laute Töne leisegedämpft damit sie einem nicht auf den S..... gehen. Wenn man das nicht übertreibt ist das auch gut so, man ist nicht genervt und hört alles. Wer will auch schon im Wohnzimmer die Anlage ständig leiser und lauter drehen, was ja im Übrigen auch eine Art Kompression wäre, nur ganz langsam halt.

Gehen wir also mal davon aus, dass wir mit einer Lautstärke (energetischer Mittelwert) von 83 dB am Hörplatz Musik hören wollen (das entspricht übrigens der empfohlenen Abhörlautstärke im Studio). Dafür braucht man mit einem normalen Verstärker an einer durchschnittlichen Box (86 dB/W/m) etwa 0.5 Watt in einem Meter Entfernung. Wir hören aber nicht in 1m sondern z.B. in 2.8 m Abstand. Da wäre es ohne Raumrückwirkung etwa 9 dB leiser (20*Log10(1/2.8) = 9 dB), dafür hätten wir jetzt einen Beitrag von beiden Boxen, das wären dann wieder 3 dB lauter (bei einem Rauschsignal). Um die 6 dB Pegelminderung wieder zu kompensieren müsste die Verstärkerleistung vervierfacht werden (10*Log10(4/1) = 6 dB), wir brauchen also 2 Watt um am Hörplatz mit beiden Boxen einen Pegel von 83 dB zu erzeugen. So weit, so gut.
Nun hören wir aber keine Sinustöne mit konstanter Lautstärke sondern Musik, da kommen andauernd Signalspitzen vor, die lauter sind als der energetische Mittelwert. Bei 14 dB Dynamik (Definition s.o.) - das entspräche einer stark komprimierten Pop-Produktion - bräuchten wir die 25-fache Leistung (10*Log10(25) = 14 dB) um diese Signalspitzen unkomprimiert abzubilden. Das wären dann also nach Adam Riese und Eva Klein 50 Watt pro Box – uups! Eine weniger komprimierte Produktion hat ca. 20 dB Dynamik und bräuchte schon 200 Watt pro Box. Und bei extrem dynamischen Aufnahmen wie z.B. einem kaum komprimierten Schlagzeugsolo mit 30 dB Dynamik wären sogar kurzfristig 2000 Watt pro Box nötig um diese Signalspitzen unkomprimiert abzubilden. Und trotzdem ist die empfundene Lautstärke der stark komprimierten Popproduktoin und des Schlagzeugsolos gleich – und genau das ist der Grund, warum man das so macht! Denn wer hat zuhause schon einen Verstärker, der 2x 2000 Watt sauber liefert? Schon bei 2x 200 Watt strecken die meisten Verstärker die Segel. Wie also soll man also mit durchschnittlichen HiFi-Lautsprechern realitätsnah durchschnittliche CD´s wiedergeben ohne das einem alle Schwingspulen abrauchen? Eben, geht gar nicht.

Nehmen wir doch mal einen Lautsprecher der an besagten 1 Watt 96 dB in 1m Abstand liefert. Dann verringert sich der Leistungsbedarf auf 1/10 der oben berechneten Werte und das Ganze klingt schon wesentlich realistischer, oder?Spätestens jetzt dürfte jedem klar werden warum hier einige HiFi-Fans aus gutem Grund auf große Lautsprecher mit hohem Wirkungsgrad schwören - und aus unserer Sicht haben sie Recht damit! Um den Dynamikumfang einer guten CD wiederzugeben, braucht man einen Lautsprecher mit hohem Wirkungsgrad, und Wirkungsgrad im Tieftonbereich ist leider 1:1 einhergehend mit der Größe des Lautsprechers (s.a. Zusammenhang zwischen Wirkungsgrad, unterer Grenzfrequenz und Gehäusevolumen). Bei kleinen Lautsprechern macht entweder die Box schlapp oder der Verstärker. Es sei denn man verzichtet auf tiefe Töne, aber wer will das schon. Wer das noch mal nachvollziehen möchte, kann das auf der Seite von Sengpielaudio gerne machen:

http://www.sengpielaudio.com/Rechner-wirkungsgrad.htm

Hier wird aus dem Wirkungsgrad in dB/W/m der Wirkungsgrad in % ausgerechnet. Ein Lautsprecher mit einem Wirkungsgrad von 86 dB/W/m hat doch sage und schreibe einen Wirkungsgrad von 0.25%,.........99.75% der zugeführten elektrischen Energie werden also in Wärme umgewandelt, . . ....das müsste eigentlich von der EU verboten werden.......  Bei einem LAUTsprecher mit 96 dB/W/m beträgt der Wirkungsgrad immerhin 2.5%, aber 97.5% der zugeführten Leistung werden immer noch in Wärme umgewandelt. Für denselben Schalldruck wird aber nur 1/10 der Leistung benötigt und damit wird nur etwa 1/10 der Eingangsleistung (genau genommen nur 9.774%) in Wärme umgewandelt. Diese Wärme sorgt dafür, dass die Schwingspule sich aufheizt und sich der Gleichstromwiderstand erhöht. Bei einer Temperaturerhöhung von 20°C auf 100°C erhöht sich der Widerstand eines Kupfer- oder Aludrahtes um 31.2% (s. Spezifischer Widerstand). Da bei einem Spannungsverstärker die Ausgangsspannung vorgegeben wird nimmt das Chassis nun (100°C heisse Schwingspule) nur noch 76.2% der Leistung auf und ist daher ca. 1.2 dB leiser - das nennt man dann im PA-Bereich Power Compression. Hier haben also wirkungsgradstarke Lautsprecher oder Lautsprecher mit einer Schwingspule mit hoher Wärmeaufnahmefähigkeit (oder beidem) Vorteile. Eine unserer Testsequenzen bei der Beurteilung von Lautsprechern ist der Anfang von Hugh Massekela / Stimela. Dort gibt es ein ca. 40 Sekunden langes Trommelcrescendo, bei dem es bei wirkungsgradschwachen Lautsprechern mit Schwingspulen mit geringer Wärmekapazität (z.B. 25mm Durchmesser) bereits deutlich hörbar zu Power Compression kommen kann.

Vorsicht, nachher nicht gefrustet sein wenn festgestellt wird, dass mit der eigenen Anlage realitätsnahe Wiedergabe lediglich ein Traum ist. Ein gutes Beispiel für Dynamik ist das Lied "Sad old red" von Simply Red.

Sad old red bei Youtube

Bei 1:35 min kommt ein Bassdrumtritt der auf einer normalen Hifi-Box einfach nur lächerlich klingt. Auf einer großen, wirkungsgradstarken Box gibt es einen Schuppser in den Bauch, wie im Proberaum der Band eben auch. Wenn dann bei 2:08 min der Chrash der Band einsetzt, ist jede normale Hifi-Box sofort am Ende. Immer vorausgesetzt man spielt so etwas in Bandlautstärke ab, leiser funktioniert immer. Aber das hat dann nichts mehr mit realitätsnah zu tun.

So, jetzt haben wir geklärt, warum die Box auf hohen Wirkungsgrad gezüchtet wurde und daher für eine gute Basswiedergabe groß sein muss. Ein großes Gehäuse bringt aber auch andere Probleme mit sich, vor allem, wenn das darin montierte Chassis bis in den Mitteltonbereich arbeitet Wir wollten immer schon einmal ausprobieren wie man Gehäuse im Mitteltonbereich am besten gegen parasitäre Schwingungen bedämpfen kann. Reine Versteifungen verschlimmern die Sache eher, solange sie die Resonanzfrequenz der Gehäusewände lediglich in höhere Frequenzbereiche, aber nicht deutlich oberhalb des Arbeitbereichs des Chassis verschieben. Eine Verschiebung zu höheren Frequenzen innerhalb des Arbeitsbereichs des Chassis ist bei 2-Wege-Boxen äußerst unerwünscht, denn dort sind sie eher als Verfärbung hörbar. Der Trick besteht also darin, die Schwingungsenergie zu vernichten, und das ist nur mit schwingungsdämpfenden Materialien zu erreichen. Oben haben wir schon einmal den Begriff Bitumen fallen lassen, ein Material, das Schwingungen ganz hervorragend bedämpft. Was beim Chassiskorb funktioniert, geht bei den Gehäusewänden auch, dazu hatten wir recht früh die Idee, statt einer Ringversteifung nur Leisten zu verwenden um die gegenüberliegenden Wände zu versteifen – bis dahin noch nix Neues. Aber diese Streben sollten nicht etwa fest mit den gegenüberliegenden Gehäusewänden verbunden werden sondern über eine dämpfende Zwischenschicht: wenn nun also eine Relativbewegung zwischen z.B. linker und rechter Seitenwand auftritt, dann muss diese Schwingungsenergie durch die beiden Bitumenpads am Ende der Strebe und wird so – zumindest teilweise - in Wärme umgewandelt. Das Gehäuse sieht dann so aus:

Neben den 3 Streben (eine "dicke" zur Seitenwand und 2 "dünnere zwischen Front- und Rückwand) findet sich auch unser akustischer Sumpf wieder, der unserer Erfahrung nach die wirkungsvollste Methode zur Bekämpfung von stehen Wellen im Gehäuse ist. Tatsächlich ist unser "Sumpf" mit einer Lage Noppenschaumstoff abgedeckt und somit bezüglich des "Ausblasen" von Glasfasern unbedenklich. Der Sumpf kann von der Dicke her etwas geringer ausfallen, da wir das Basschassis etwa auf halber Höhe des Gehäuses positioniert haben, wodurch die erste stehende Welle gar nicht zur Ausprägung kommen kann. Außerdem haben wir das Bassreflexrohr nach hinten verlegt, um eventuell austretenden Mitteltonanteile etwas weiter von uns fern zu halten.

Dass der Klang der LittleWatt beim Publikum sehr ankommt hat viele kleine Gründe. Entgegen aller Aussagen, dass der Hochtöner bei richtend abstrahlenden System auf Ohrhöhe sitzen sollte, haben wir die LittleWatt bewusst ein wenig niedriger gebaut, damit der Tieftöner mechanisch vom Ohr weiter entfernt ist und damit ein gewisser Ausgleich zum eigentlich zu tiefen Hochtonhorn geschaffen wurde.

Tatsächlich klingt die LittleWatt auf einen Sockel gestellt mit auf Ohr gerichtetem Hochtöner etwas heller, aber auch etwas rauer. Gerade Rauhigkeit im Klangbild zeigt unserer Erfahrung nach das Vorhandensein von Laufzeitunterschieden auf. Insgesamt ist diese Maßnahme zwar nur sehr klein und für sich allein kaum zu hören, aber die LittleWatt ist ein, in Ihrer Gesamtheit geplanter und abgestimmter Lautsprecher. Es werden viele Kleinigkeiten zur Anwendung gebracht, die das Gesamtpaket der LittleWatt ausmachen. Wir hatten uns durch die Erfahrungen mit der HighLive zum Ziel gesetzt einen angenehm rund klingenden Lautsprecher zu bauen, der aber trotzdem durch ein klares, nicht verhangenes Klangbild überzeugt. Das hört sich leichter an als es getan ist, wie wir in wochenlangen Abstimmabenden bemerken mussten. Die Klarheit im Klang kommt nicht zuletzt aber auch durch eine 38mm starke Frontplatte, die zudem über die oben erwähnten "Anti-Resonanzstäbe" versteift ist. Was ebenfalls etwas zur Aufgeräumt beiträgt ist die Lackierung des Kunststoffhorns MRH-200 mit Granitlack. Auch wenn man sich zunächst nichts dabei denkt wenn man das Horn lackiert - es ist eben ein Design-Aspekt - stellt man nachher mit der Köchel-Klopfmethode erstaunt fest, dass dieser "Überzug" des Horns zu einer Resonanzbedämpfung führt, es hört sich für das Ohr einfach besser an und klingt nicht mehr so nach Plastik. Hat wohl etwas damit zu tun, dass der verwendetet Duplicolor Granitlack eine leicht gummiartige Konsistenz hat und in einer nicht unbedeutender Schichtdicke aufgebracht wurde.

In der Frequenzweiche haben wir gute, nicht überkandidelte Bauteile eingesetzt, auch das soll zum Gesamtkonzept passen. Hier wird nicht auf "den einen", besonders guten Kondensator geachtet. Die Bauteile sind in ihrer Gesamtheit aufeinander abgestimmt und wir können nur stark davon abraten ein Bauteil durch ein "besseres" auszutauschen. Auch wenn es dem HighEnder komisch vorkommen mag, auch Spulen oder Kondensatoren mit vermeintlich geringerer Qualität können in der Gesamtkonzeption durchaus einen Sinn haben.

Jetzt aber genug Geschreibsel, hier eine paar optische Eindrücke:

Zunächst erstellten wir, wie bei uns üblich ein Gehäuse um die Frequenzweiche abzustimmen. Das zweite Gehäuse folgt später, wenn klar ist das die Konstruktion funktioniert.

Hier sieht man die drei Verstrebungen und wie wir mit dem Heißluftfön die Bitumenpads erhitzen damit sie Kleben und sich bei der Montage der Rückwand zusammendrücken können. Für diesen Bauschritt sollte man eine 2. Person zum helfen haben, denn das Bitumen bleibt nur für ca. 20 Sekunden zäh genug, dass der gewünschte Klebeeffekt eintritt. Hier muss die Positionierung der Rückwand einwandfrei klappen, sonst ist die Wand wieder zu demontieren und man kann mit neuen Pads von vorne beginnen. Diese doch recht komplizierte Montage hat unter anderem dazu geführt, dass schlussendlich "nur" 3 Streben eingesetzt wurden. Unten ist auch schon der Akustische Sumpf zu erkennen.

Durch das Erhitzen werden die Pads in eine Art halbflüssigen Zustand versetzt, was sie schön klebrig macht.

Wenn man dann die Rückwand montiert und mit Schrauben festzieht, quetscht sich das Bitumen heraus und die perfekt dämpfende Verbindung entsteht.

Mr. Löti bei der Montage der Weichenteile auf einem Brett

So sieht dann das fertige Produkt aus (mit immerhin 15 Bauteilen (davon 3 für die Impedanzlinearisierung für Rohrenverstärker)) ........

....das auf dem Boden der Box montiert.............

......und vom akustischen Sumpf eingeschlossen wird.

Die fertige Box zwischen unseren anderen "Schätzchen" sieht noch etwas klobig aus.

Dann kam der Tag der Wahrheit. Der Firmeninhaber von Wegscheider-Elektronik und der "Röhrenprofessor" Uli Apel kamen zum ersten Hörtermin und gemeinsamen Abgleich.

Die Herrschaften bei der eifrigen Diskussion ob es noch Verbesserungspotential am Röhrenverstärker gibt, denn schließlich sollte ja auf der HiFi-Music-World 2010 alles perfekt funktionieren.

Nachdem auch die beiden Röhrenspezis mit der LittleWatt voll zufrieden waren ging es zum Finish – in doppelter Bedeutung. Das hatten wir schon bei der HighLive ausprobiert, ein eingefrästes und überspachteltes Kunstoffhorn.

Das Horn sieht auch bei der LittleWatt dadurch kleiner aus und schöner aus.

Wenn man das Klebeband nach lackieren der Frontwand abzieht, entsteht ein Absatz an dem sich später die von uns verwendete DC-Fix Klebefolie wunderbar anlegen lässt.

Akustisch nicht unbedingt nötig, sieht aber besser aus. Der Tiefmitteltöner wurde auch eingefräst.

Die kante des Horns "schlägt" auch bei noch so guter Spachtelung immer etwas durch.

Das Kunstoffhorn MRH-200 lässt sich nach dem Anschleifen wunderbar einfach mit der Sprühdose lackieren

Hier ist die weitere Bedämpfung zu sehen. Das Horn ist mit Sonofill umwickelt und hinter dem Tieftöner liegt ebenfalls eine Rolle Sonofill. Unterhalb der unteren Strebe ist dann der schon erwähnte akustische Sumpf

Durch das Abspachteln und Überlackieren des Horns wirkt es erheblich kleiner und passt optisch besser zum 30er Tieftöner

Hier sieht man nun die DC-Fix Klebefolie und wie schön sie am Lackansatz anliegt.

Die Rückseite wurde einfach nur schwarz lackiert

Endlich, die beiden Little´s im Hörraum, unsere neue Cajin Röhre (links) hat ein leichtes Spiel mit unserem Wirkungsgrad starken Lautsprecher LittleWatt. Lautsprecher darf es hier im wahrsten Sinne des Wortes heißen

So das war der prosaische Teil zur LittleWatt, die Technikabteilung kommt mit ein paar Fakten nächste Woche.


Kommentare

stmoeller
7 jahre vor
So, meine LittleWatt sind nun auch fertig:

Kurz zu meiner Vorgeschichte:
Ich bin Soundengineer (Studoaufnahmen, Produktion, Livebeschallung, Planung Beschallungsanlagen) und Musiker (E-Bass: Rock, Jazz, Oldies...)

Hifi:
Gehört habe ich schon so einiges an Abhörmonitoren (Studio), PAs, kommerziellem Hifi, sogenanntem "High End" und in meinem Wohnzimmer stand auch schon so einiges an Hifi Zeugs herum (zum Leidwesen meiner Frau).
Gebaut habe ich auch schon viele verschiedene Lautsprecher, einige auch selbst entwickelt.

Ich hatte schon immer eine Vorliebe für den Klang einer sehr gut eingestellten PA (egal welcher Größe und Leistung), die dynamische Wiedergabe fand ich schon immer toll!
Deshalb mein Entschluß zum Bau der LittleWatt.

Den Basströten habe ich vor dem Einbau ca. 48 Stunden Zeit gegeben sich mit niederfrequenten Tönen einzuspielen, die Hochtöner habe ich direkt verbaut.
Das Gehäuse ist bis auf die Oberflächengestaltung exakt nach Plan gebaut und die Weiche natürlich auch.

So, und nun Musik drauf:

Erster Eindrücke:

Bass: Eine SEHR solide und gute Bass Reflex Konstruktion, die gar nicht nach Bass Reflex klingt. Der Bass spielt fast so schnell und offen, wie bei Ripol Subwoofern, hat aber den gewissen Punch, der mir bei den Ripol Subwoofern / offenen Schallwänden gefehlt hat.
Genügend Tiefgang ist definitiv vorhanden. Ein Sub wird nicht benötigt!

Mittel/Hochton: PA-Klang? Horngetröte? Gibt es nicht! Super durchkonstruierte Weiche, super abgestimmter Treiber auf das Horn: Einfach vorbildlich! - Manchmal vielleicht ein wenig schärfer im Klang als ich es mag.

Gesamteindruck: Bass und Hochtöner spielen bruchlos zusammen. Alles klingt wie es soll, alles ist klanglich "sehr direkt", die Dynamik kommt mir vor wie bei größeren PAs. Musik löst sich schön von den Speakern, Stimmen sind stabil in der Raummitte (sehr wichtig für mich!)

Meine persönliche Kritik: Der größte Pluspunkt der Speaker ist in meinen Augen die vorbildliche Neutralität. Für den Home Hifi Gebrauch empfinde ich das aber auch gleichzeitig als einen Kritikpunkt. Ab und zu dürfte der Speaker der Musik gerne etwas mehr schmeicheln.
Die Unison Max-1 (auch 12" + Horn mit ähnlichem Wirkungsgrad) geht etwas dezenter ans Werk. - Das gefällt mir etwas besser. - ABER: Bässe am Amp etwas reindrehen (ca. 2-3 dB) und alles ist gut für mich.

Fazit: Ich bin begeistert von dieser sehr guten Konstruktion! Mehr Klang für weniger Geld habe ich bislang nicht gefunden. Dynamik ohne Ende, trotzdem sehr zivilisiert im Klang, so gut wie keine Verfärbungen im Klang: Das kommt wohl den großen Abhören in den meisten Studios schon sehr nahe.
@hifi-selbstbau: Das habt ihr gut gemacht!!!!!
stmoeller
8 jahre vor
Schönes Projekt, sehr schönes Konzept, sehr schöne Detaillösungen! Gefällt mir!

Wie hoch ist denn der Gesamtwirkungsgrad der autsprecher?
Mr.SNT
10 jahre vor
Serh serh schön
Barnie
10 jahre vor
Kann man den Bausatz irgendwo kaufen??
2
Fabian
12 jahre vor
finde den Baubericht seeehr schön, komme seit mehreren Wochen oft vorbei um endlich den sehnsüchtig erwarteten Teil 2 zu lesen
bis jetzt vergebens, ich fände es schön wenn Ihr eure Zeitangabe korigiert


gruß und Sonne


der Fabian
1
Dirty Harry
12 jahre vor
Moin,

wann kommt den Teil 2 über die Little Watt???


Gruß


Dirty Harry
2
Dietmar Porschen
12 jahre vor
Super Artikel! Insbesondere die Bitmumexdämpfung an den Querstreben war mal wieder eine pfiffige Idee.
Dirty Harry
12 jahre vor
Super Artikel, freue mich schon auf Teil 2
mEon
12 jahre vor
Sehr schöner Artikel!

Ihr verbaut ja recht viel Monacor, komplett gegen jeden Trend, recht mutig. Ich teile aber eurer Meinung, es gibt einige Perlen in deren Programm (super P/L-Verhältnis).

Irgendwie warte ich immer noch auf von euch entwickeltes und vertriebenes Waveguide/ doppel Waveguide, das wäre m.e. noch eine Steigerung bzw. die nächste Stufe! Aber auch einen Haufen mehr Arbeit.. :sad:

Gruß
Thomas Engl
12 jahre vor
toller artikel, mehr davon!
Spatz
12 jahre vor
Toller Artikel, schöner Text, informative Bilder! Weiter so!

Ich freu mich auf Teil 2!
kboe
12 jahre vor
sehr schöner Artikel zu einer sehr guten Box!
Hier merkt man das Herzblut :-)

gruß
kboe
3
FlorianK
12 jahre vor
Klasse gemacht - schöne Aufnahmen. Freue mich auf die Technik. Fettes LOB + Warten hat sich gelohnt !!

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