Das Smith-Horn - einfach und gut?
Neben den Multicell-Hörnern erfreute sich seit den 50er Jahren das Smith-Horn großer Beliebtheit. Es wurde erstmals in der Januar-Ausgabe der Zeitschrift Audio Engineering von 1951 erwähnt (s. komplettes Heft als PDF). Es war im Prinzip auch ein Nebeneinander von mehreren Exponentialhörnern, war aber deutlich einfacher herzustellen als ein Multicell-Horn, da es sich in einer Ebene nicht erweiterte und im Prinzip nur aus 2 Platten mit festem Abstand und "speziell geformten" Trennelementen bestand.
Einer unserer fleißigen Abonnenten hat nun ein 5 Segmente Smith-Horn nachgebaut und wir haben der schönen Konstruktion mal in die Zellen geschaut.
Im Lansing-Heritage-Forum wurden 2010 Pläne zum Nachbau eines Smith-Horns veröffentlicht (s. Link):
Quelle: Lansing Heritage
In weiteren Zeichnungen derselben Quelle wird klar, dass Boden und Deckel einem Kreissegment von 114° entsprechen und es insgesamt 6 Segmente gibt, die vom Mittelpunkt des Hornhalses ausgesehen in 20°-Intervallen angeordnet sind.
Unser Abonnent derwastl hatte sich ein ähnliches Horn gebaut und es uns zur Verfügung gestellt. Es entspricht nicht dem obigen Plan, denn:
- es kommt ein Adapter "rund auf eckig" (25 mm Durchmesser auf Rechteck 30 x 40 mm) von VISATON vom Typ AD-25H zum Einsatz, daher beträgt die Innenhöhe 30 mm
- der Radius beträgt nur etwa 35 cm
- es gibt nur 5 Segmente in 20°-Intervallen (Smith empfiehlt den Abstand der Segmente nicht größer als 5" = 12.7 cm zu machen)
- Boden und Deckel entsprechen einem Kreissegment von 94° (Außenwände)
Hier ein Bild kurz vor dem Verleimen der Deckplatte:
Wie man sieht fehlt scheinbar das "Verteilerstück" vor dem Beginn der speziell geformten Trennelemente - das aber auch im Originalartikel von Herrn Smith auf dem Foto nicht zu erkennen ist:
In der Zeichnung sieht das scheinbar massive Dreieck auch eher aus wie eine Ansammlung von Hilfslinien zur Veranschaulichung der Ausrichtung der Trennelemente:
Wie dem auch sei - wir haben das Horn im Wesentlichen denselben Messungen unterzogen wie schon beim MultiCell-Horn von unserem Abonnenten benmast3r. Als Treiber hatte derwastl CELESTION CDX1-1747 mitgeliefert. Hier zunächst der Impedanzverlauf:
-> weitgehend gleicher Impedanzverlauf beider Treiber jeweils ohne bzw. mit Smith-Horn
Im Folgenden wurden auf unserer Drehvorrichtung Schalldruckmessungen in horizontaler und vertikaler Richtung mit JustOct (0/15/30/45/60/75°) durchgeführt:
-> kein Constant-Directivity-Verhalten erkennbar; unter 15, 30 und 45° ist der Schalldruckpegel teilweise größer als auf Achse
-> kein Constant-Directivity-Verhalten; bis 8 kHz nur geringe Bündelung, darüber stark zunehmend
-> relativ geringe Bündelung (besonders vertikal < 2 kHz), ungleichmäßiger Verlauf des Bündelungsgrads
Zusätzlich wurden auf unserer Drehvorrichtung Schalldruckmessungen in horizontaler und vertikaler Richtung mit ARTA in 5°-Schritten von 0° bis 90° durchgeführt:
In horizontaler Richtung ist bereits ab 2.8 kHz ein deutliches "Fingering" (s. audioXpress Horn Theory: An Introduction, Part 2) erkennbar. In Richtung der Austrittsöffnungen (0°, +/-24°, +/-48°) kommt es jeweils zu einem Pegeleinbruch, während an den Teilergrenzen dazwischen bei +/- 12°, +/- 36° und +/- 60° (abgeschwächt, da nur eine Teilergrenze)) zu Pegelüberhöhungen kommt. Bei 6.3 bzw. 12.5 kHz kommt es innerhalb von 10° Winkeländerung zu Pegelschwankungen von 5 bzw. 8 dB.
Vertikal ist die Abstrahlung bis 8 kHz sehr breit (bis +/-90° kein Abfall > -6 dB), von 10 bis 12.5 kHz beträgt der Öffnungswinkel dann nur noch +/- 35°, darüber nur noch +/- 22°.
ACHTUNG: Bei den Winkelmessungen 0°, 15°, 30°, 45° etc. ist das "Fingering" nicht erahnbar, erst bei den Farbkarten oder den Polardiagrammen mit 5° Winkelauflösung ist es zu erkennen!!! |
Eine Auswirkung der sehr breiten Abstrahlung bei großen Winkeln ist der relativ geringe Wirkungsgrad bei kleinen Winkeln von gerade mal 103 dB/2.83V/m. Der winkelgewichtete Schalldruck liegt fast gleichauf bei 99 dB/2.83V/m - überlicherweise differieren beide Werte deutlich mehr, da das Horn die Abstrahlung auf die kleinen Winkel konzentriert, während die großen Winkel maßgeblich zum winkelgewichteten Schalldruck beitragen.
ARTA gibt weitere Kennwerte für das Rundstrahlverhalten an, den Directivity Index (DI) und den Öffnungswinkel (Angle):
-> sehr geringer Directivity Index, in weiten Bereich < 4dB (horizontal bis 16 kHz, vertikal bis 10 kHz
-> vertikal extrem breite Abstrahlung > +/- 90° bis 8 kHz, horizontal zwischen 800 und 6300 Hz im Mittel +/- 60°
Fazit:
Das Smith-Horn ist eine Abwandlung des Multicell-Horns, die vor allem den Vorteil hat, wesentlich einfacher herstellbar zu sein.
Beim Design des Hornanfangs ist sich die DIY-Gemeinde uneins - es gibt Varianten mit und ohne "Verteilerstück".
In der horizontalen Ebene ergeben sich ähnliche Rundstrahleigenschaften wie beim Multicell-Horn mit dem typischen "Fingering" im Hochtonbereich - bei dem Horn unseres Abonnenten derwastl vor allem oberhalb von 6 kHz. In der vertikalen Ebene strahlt das Smith-Horn wegen der geringen Höhe sehr breit (hier bis 8 kHz). Damit ergeben sich bei "normaler" Quer-Ausrichtung starke Boden- und Deckenreflexionen, die vor allem bei der heutigen Wohnraumgestaltung mit reflektierenden Bodenbelägen und nur vereinzelten Alibi-Teppichen eher unerwünscht sind. Von daher müsste man die Smith-Hörner im Sinne einer möglichst breiten und gleichmäßigen horizontalen Abstrahlcharakteristik eigentlich hochkant betreiben - was dann aber zugegebenermaßen maximal dämlich aussieht.
Der Wunsch nach möglichst breiter horizontaler Abstrahlung kam früher auch daher, dass die Lautsprecher flach an die Wand gestellt wurden und einen möglichst großen Raumbereich beschallen sollten - im Erscheinungsjahr des Smith-Horn-Artikels (1951) erfolgte die Beschallung ja noch in Mono, die Stereophonie kam erst in den 1960er Jahren auf. Heute setzt man Hörner im Heimbereich gerne dann ein, wenn die Abstrahlung eher gerichtet erfolgen soll um Reflexionen an den Raumbegrenzungsflächen zu reduzieren: so wird ohne raumakustische Maßnahmen der Direktschallanteil am Hörplatz erhöht. Dazu ist es dann auch nötig die Hörner auf den Hörplatz auszurichten.
Durch die breite horizontale und vertikale Abstrahlcharakteristik fällt der Schalldruckgewinn auf Achse durch das Smith-Horn eher gering aus - das können "moderne" Hörner besser. Ähnliche Ergebnisse hatten wir übrigens auch mit dem VISATON-Horn M-300 aus der VISATON Monitor 890 Mk III ermittelt, dessen Ergebnisse wir in Kürze nachreichen. Von einem anderen Abonnenten haben wir auch noch ein zweites Smith-Horn mit 6 Segmenten und "Verteilerelement" zur Verfügung gestellt bekommen, das verarzten wir dann gleich mit um das Kapitel Smith-Horn abzuschließen.
Seh ich ähnlich, da gibt es einige durchaus günstige Kandidaten, die diesem Horn haushoch überlegen sind. Mir fällt da Spontan das RCF H100/104 oder das ME 45 von B&C ein, wenn es eher exponentielle Charakteristik haben soll. Recht einfach zu bauen ist das hier allemal. Für Nostalgiker eine interessante Option, wenn kein High End Anspruch da ist... Ev könnte man ja in der vertikalen noch konisch öffnend bauen. Das ist in der Bauweise ja auch noch machbar
ich bin bei Dir. Ich habe zufällig ein H100 Horn und - ja - es hört sich anders an. Ich glaube es kommt auf den Raum und die Wunschhörsituation an was man bevorzugt. Im Direktschall würde ich auch das H100 bevorzugen.