Wie heißt es bei Wikipedia: ""Sparsamkeit wird als eine Tugend bezeichnet, die einen maßvollen Umgang mit Geld und wirtschaftlichen Gütern zum Gegenstand hat. Ihre soziale Funktion besteht – wie bei allen bürgerlichen Tugenden – in der praktischen Bewältigung des Alltags auf der Grundlage gesicherter und geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse. Die positive Gegentugend zur Sparsamkeit ist die Großzügigkeit, ihre Verfallsform ist der Geiz, ihr negativer Gegensatz die Verschwendung"".
Diese, etwas aufgeblähte Beschreibung kann kaum der Anlass zu einem solch kreativen Vorgang wie der Entwicklung der Maxi-Al gewesen sein. Als der Foren User Hoschibill etwa im März 2011 einen Lautsprecher für sein Wohnmobil suchte, war ihm klar, dass er Lautsprecher brauchte, die nicht verschwenderisch mit dem Platz umgehen. Da aber auch gerne mal die ein oder andere Party am Wohnmobilstellplatz laufen sollte, musste es ein robustestes Chassis sein, das auch mal einen wegstecken kann. Zudem wollte er auch am DIY-HiFi-Forum Contest 2011 teilnehmen. Zum guten Schluss durfte der Lautsprecher aber nicht teuer werden, das könnte ja Jeder. Sicherlich eine gewagte Aufgabe mit "nur" einem Chassis pro Seite, einem Breitbänder, einen vollwertigen Lautsprecher bauen zu wollen. Nun, der Lautsprecher ist im Kreise der DIY Begeisterten sehr gut angenommen worden und hat besagten Contest immerhin an 5. Stelle beendet. Dadurch war er auch automatisch auf der HiFi-Music-World 2011 gesetzt, wo er - laut Aussage der Besucher - vielen Freude bereitete.
Als ich vom sogenannten MAXI-AL Battle hörte bekam ich sofort Lust, an diesem Bauwettbewerb teilzunehmen. Denn ein Lautsprecher der so automatisch, quasi "durch die kalte Küche", in aller Munde ist, interessierte mich sehr. Dass es sich "nur" um ein Chassis handelte, machte die Sache erstens recht überschaubar und zweitens bezahlbar. Für ein Nebenbei-Projekt ein durchaus wichtiger Aspekt.
Im Battle sollten verschiedene Gehäusearten miteinander verglichen werden, ein sehr interessantes Unterfangen, so etwas wollte ich immer schon mal machen. Meine Lieblingsvariante, die TQWT, war schon vergeben, also entschloss ich mich mit einem TL-Resonator teilzunehmen. Mit diesem Funktionsprinzip hatten Pico und ich ja schon gute Erfahrungen mit unserer MarkO gemacht.
Der zweiseitige TL-Resonator der MarkO (Grundlagen findet man im Bericht zur MarkO) spielt sehr tief und sehr kontrolliert im Tief- und Grundtonbereich, jetzt wollte ich versuchen, das auch mit einem einseitigen Resonator hinzubekommen. Der TL-Resonator ist im Grunde nichts anderes als eine Bassreflexbox, deren Eintrittsöffnung(en) in die Nähe der Tieftönermembran verlegt ist und somit ein Bedämpfungseffekt durch die Tieftonschallwellen, die durchs Rohr wollen, erreicht werden soll. Also rechnen wir doch zunächst eine gewöhnliche Bassreflexbox aus.
Ähm....ja....womit denn eigentlich.......? Stimmt, Hoschibill hatte für seine Box den Dynavox FW 146 verwendet, der auch unter der Bezeichnung Fountek FW146 verkauft wird....oder war es anders herum? Egal, hier ist das Chassis:
Ein gut verarbeitetes solides Mitteltonchassis. Was? Wieso Mitteltonchassis, es soll doch ein Breitbänder sein. Tatsächlich ist es ein Tiefmitteltöner, der durch Membranresonanzen auch ein paar hohe Töne abstrahlt, wie das übrigens die meisten Breitbänder machen.
Der glatte Frequenzgang des Herstellers, der hier sehr gut aussieht, verleitet aber auch dazu den Hochtöner einfach weg zu lassen. Die wichtigsten technischen Daten sind vom Hersteller wie folgt angegeben:
Fs: 50 Hz
Qts: 0,40
Qes: 0,456
Qms: 3.508
Vas: 9,8 L
Sd: 77,6 cm²
Weitere Daten lassen sich im Datenblatt des FW 146 ablesen. Mit den Daten ist der FW 146 prädestiniert zum Einsatz in Bassreflexboxen, also genau richtig für den TL-Resonator. Die Daten schnell in Lasip eingegeben und sehen, was dabei herauskommt. Regulär wären für den FW146 wohl 9,2 Liter angesagt, durch vorgeschaltete Frequenzweichenteile verändern sich die elektrischen Parameter der Kombination jedoch, so dass man ein größeres Gehäuse verwenden sollte. In Lasip kann man dieser Tatsache Rechnung tragen, wenn man im Feld "Rvor", den Widerstand der zu verwendenden Bauteile eingibt. Da man bei einem so günstigen Lautsprecher mit Sicherheit keine Bauteile verwendet, die einer HighEnd-Box gut zu Gesicht stehen würden, bin ich von einem Widerstand von 0,8 Ohm ausgegangen, ein realistischer Wert für eine preisgünstige Spule.
Wenn man das Gehäuse etwas größer macht und es etwas tiefer abstimmt als es die "reine Lehre" empfiehlt, wird der gesamte untere Bereich etwas leiser, aber dafür kann man noch etwas mehr Tiefbass "rauskitzeln". Ich habe mich für ein 13,5 Liter Gehäuse entschieden und für eine Abstimmfrequenz von 45 Hz. Da wir ein BR-Rohr brauchen, das bis in die Nähe des Treibers verläuft, muss man so lange mit der Fläche der Öffnung spielen, bis man die richtige Länge erhält.
So sieht die Konstruktion dann als CAD Zeichnung aus
So, jetzt haben wir die grundsätzlichen Fragen geklärt, es wurden also zwei Gehäuse gebaut und einige Experimente mit der Absorption im Gehäuse gemacht. Hier einige Bilder vom Bau der EarlGray:
Der gelochte BR Kanal, warum gelocht? Sehen wir später bei den Messungen
Zur Verhinderung von Resonanzen quer zum Kanal wurden Längsstreben eingebracht, eine Erfahrung von der MarkO
Damit die Löcher mitten im Kanal sitzen, müssen sie auf dem Brett leicht versetzt sein. Kanten wurden abgerundet.
Zwar messtechnisch nicht nachgewiesen, aber die DUO-DXT hatte mir gezeigt, dass Bitumen + Sperrschicht eine Dämpfung bringen. Schaden kann es nicht.
Gut zu sehen, die Streben im Kanal
Gute Erfahrungen haben wir auch mit schrägen Reflektoren in den Ecken, also brachte ich hier hinter dem Chassis einen solchen ein.
Wie sich bei Messungen herausstellte, strahlte das Chassis zu viel direkten Schall in den Kanal ein. Das ließ sich mit einem halbrunden "Schott" verbessern.
Ein Variante der Absorption, diese verhinderte jedoch auch die Wirkung der Löcher im Kanal.
Die endgültige Version, akustischer Sumpf, die Bohrungen frei, der Kanal funktioniert
Einfach aber effektiv - eine Lackierung mit Granitlack lässt den Lautsprecher nicht wie ein DIY Gerät erscheinen.
Foto: DonHighEnd. So sieht meine EarlGray fertig aus.
Foto: Lana Winterscheid. Die Gruppe der Teilnehmer im Überblick
Wer mehr zur Entstehung und Ablauf des Battle lesen möchte, kann das im DIY-HiFi-Forum tun:
Meine persönlichen Eindrücke zum Battle habe ich hier geschildert:
Da Pico ja immer wissen will warum, ließ er es sich natürlich nicht nehmen, meinen Beitrag zum Maxi-AL Battle messtechnisch unter die Lupe zu nehmen. Hier sind seine Ergebnisse.
Messungen an der MaxiAL von Theo
Theo hat die MaxiAl zunächst nach bestem Wissen und Gewissen als TL-Resonator konstruiert. Bei der MarkO(ebenfalls mit TL-Resonator) haben wir schlechte Erfahrungen mit dem langen BR-Kanal gemacht, daher wurden hier gleich die Erkenntnisse der MarkO genutzt und auf halber Länge des TL-Resonators Löcher angebracht.
Nach unseren bisherigen Erfahrungen mit Absorptionsmaterial bei TL-Resonatoren hat Theo das Gehäuse zu 50% ("unten") mit Glaswolle gefüllt und den Rest mit Noppenschaumstoff ausgekleidet. Wie üblich wurde zunächst eine Impedanzmessung gemacht:
-> Abstimmfrequenz bei ca. 45 Hz, Impedanzminimum bei der Abstimmfrequenz etwas hoch (-> zu stark bedämpft?)
-> sehr geringer Einfluss des Anregungspegels auf den Impedanzverlauf -> die MaxiAL steckt was weg
Um zu sehen, wo es stehende Wellen im Gehäuse oder im TL-Resonator gibt wurde die Impedanz noch einmal ohne Absorptionsmaterial gemessen und die Löcher im TL-Resonator wurden zugeklebt:
-> durch Wegfall des Absorptionsmaterials steigt die Abstimmfrequenz auf 53 Hz und das Impedanzminimum sinkt auf 8.5 Ohm
-> durch Verschließen der Löcher im TL-Resonator sinkt die Abstimmfrequenz auf 46 Hz und das Impedanzminimum sinkt weiter auf 8.1 Ohm
Verschließt man den TL-Resonator ergibt sich eine geschlossene Box mit einem Fc von 70 Hz und einem Qtc von 0.57:
-> durch Wegfall des Absorptionsmaterials (Vergleich mit Zustand 1) zeigen sich Impedanzspitzen bei 420 und 1260 Hz
Die Impedanzspitzen passen zu Wellenlängen von 343/420 = 0.82 m und 343/1260 = 0.27 m, d.h. hier sieht man die Gehäusehöhe von 41.2 cm wieder, in die 1/2 bzw. 3/2 Wellenlängen passen. In Querrichtung (Gehäusebreite = 16.2 cm -> stehende Wellen bei 171.5/0.162 = 1058 Hz) können stehende Wellen kaum angeregt werden, da die Ausdehnung des Chassis zu groß für eine punktuelle Anregung ist. Dies wäre bei der Gehäusetiefe zwar gegeben, allerdings ist die Gehäusetiefe nicht konstant (22.2 cm im Bereich des Chassis, ca. 16.5 cm im Bereich des Magneten, 18.2 cm im Bereich des TL-Resonators). Daraus resultiert eine "verschmierte" Impedanzerhöhung um 770 Hz.
Die Messung des Schalldrucks direkt in der Öffnung des TL-Resonators zeigt, dass ein langer Kanal auch so sein Eigenleben hat:
-> selbst mit starker Absorption kommt von 600 bis 2000 Hz viel zu viel (nur 10 dB leiser als der Nutzeffekt bei 45 Hz) durch den TL-Resonator
-> durch Wegfall des Absorptionsmaterials steigt der Nutzeffekt an, die Schmutzeffekte aber noch mehr, insbesondere bei 420 Hz
Der TL-Resonator unterdrückt die Stehwelle bei 420 Hz um 12 dB, obwohl es sich um die Stehwelle der Gehäusehöhe handelt, nicht um die Stehwelle im TL-Resonator (Länge ca. 27 cm, akustische Länge ca. 31 cm -> Stehwelle bei 555 Hz). Offenbar unterdrückt der "Abfluss" bei ca. 1/3 der Gehäusehöhe in den TL-Resonator die Ausprägung der Stehwelle im Gehäuse.
Im Folgenden wurde versucht die Absorption dahingehend zu optimieren, dass die Schmutzeffekte > 400 Hz minimiert werden und der Nutzeffekt möglichst groß ist.
Dies konnte schließlich nur durch das Einbringen eines Trennbretts zwischen Chassis und TL-Resonatoröffnung erreicht werden. Das Absorptionsmaterial wurde so angeordnet, dass die Löcher im TL-Resonator vom Gehäuseinneren nicht abgedeckt waren. Das Trennbrett wurde schließlich als Rundbogen ausgeführt, für den ein Kunststoffrohr mit 125 mm Nennweite als Spender herhalten musste (Höhe ca. 25 mm, 180°).
Schalldruckmessungen im RAR ohne Weiche
-> sehr geringe Fertigungsstreuungen bei unserem Pärchen; selbst im Bereich der Membranresonanz gering
-> bis 2 kHz sehr linearer Verlauf; bei 5 kHz ist die abgestrahlte Schallleistung aber deutlich zu gering
Der FOUNTEK FW146 verhält sich eher wie ein typischer Tief-/Mitteltöner mit Metallmembran:
- linearer Frequenzgang bis zur Bündelungsfrequenz 343/Umfang [m]
- ab der doppelten Bündelungsfrequenz Abfall mit 6 dB/Oktave (auf Achse)
- im Bereich der Membranresonanz "Aufbäumen" des Frequenzgangs
Im Vergleich zum ähnlich großen GRADIENT W130AL ist das Aufbäumen jedoch stärker, eher wie beim Mitteltöner VISATON AL130M:
Schalldruckmessungen im Hörraum ohne Weiche
-> durch Einwinkelung kann man die Hochtondosis in weiten Bereichen einstellen; bei 5 kHz ist aber immer zu wenig
Die Wirkung der originalen Frequenzweiche der MaxiAL wurde mit Boxsim berechnet:
Damit ergibt sich folgender Frequenzverlauf (basierend auf dem winkelgewichteten Schalldruck):
-> bis 2 kHz sehr linearer Verlauf; ab 5 kHz deutlich zu leise
Wenn man die Messung am Hörplatz (Box 15° angewinkelt) als Basis nimmt ergäbe sich folgender Frequenzgang:
-> bis 2 kHz kaum abfallend; Senke um 5 kHz
Die Zurückhaltung im Präsenzbereich bzw. der maximalen Ohrempfindlichkeit um 3.5 kHz geht ja noch in Ordnung, darüber fehlt es jedoch gerade bei perkussiven Instrumenten an "Knackigkeit". Männer- und Frauenstimmen dürften jedoch sehr natürlich kommen, da hier Energie > 4 kHz kaum relevant ist.
Ein ausgewogenerer Verlauf müsste eine deutlich stärkere Mittenabsenkung haben, damit der Hochtonmangel weniger auffällt:
-> gestrichelt der "originale" Verlauf vom obigen Bild
Unsere Abonnenten können sich das Boxsim-Modell und das Weichenschaltbild hier downloaden.
Mein Fazit
Wo liegen jetzt die Unterschiede zwischen der ungefilterten, der Hoschbill- und der HSB-Version? Das ist in einer Grafik zu sehen die aus Messungen in unserem Hörraum resultiert.
Am Ende muss jeder selber entscheiden was ihm am besten gefällt. Die Maxi-AL ist realistisch betrachtet nicht der Weisheit letzter Schluss, die Mankos im Mitteltonbereich sind doch zu groß. Eine Ergänzung mit einem passenden Hochtöner kann den Lautsprecher erheblich nach vorne bringen. So gesehen werde ich die EarlGray vielleicht noch mal anfassen und einen HT integrieren. Der Fountek/Dynavox FW146 überzeugt mit sehr guter Verarbeitung, es handelt sich quasi um einen Gradient W130AL in edel, da lohnt eine Aufwertung des Lautsprechers in jedem Fall.
Alles in allem hat der Battle eine Menge Spaß gemacht und beim nächsten Projekt werde ich auch wieder dabei sein.
:-) Theo
Nachtrag: Hier beschreibe ich meine Höreindrücke beim MaxiAL Battle
sehr schönes Projekt, wirklich. Dürfen wir das Bild in der Galerie verwenden?
Theo