Zum Glück haben wir aber spendable Abonnenten, die uns so eine Pretitiose auch
mal für ein paar Wochen leihen. In diesem Fall war es sogar eine komplett damit
aufgebaute Box, der Bauvorschlag
One Point NEO MkII). So konnten wir nicht nur das Chassis messen sondern uns
auch gleich von den akustischen Qualitäten der Kombination überzeugen (Test folgt
in Kürze).
Ob es sich lohnt fast 500 € für ein Koaxialchassis auf den Tisch zu blättern
erfahrt ihr in unserem ausführlichen Datenblatt
Chassis-Datenblatt ©
www.hifi-selbstbau.de
So werden
Lautsprecherchassis von HiFi-Selbstbau gemessen |
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Hersteller:
THIEL-AUDIO |
Typ: SCS3-N MKII, 4 Ohm |
Datenblatt des Herstellers |
Foto des Chassis
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Membranfläche (Bass): |
Außendurchmesser:
Innendurchmesser:
Plugdurchmesser:
-> Membranfläche Sd: |
140 mm
116 mm
42 mm
114.8 cm² |
TSP (Bass) aus Freiluft-Messung
und angenommener Membranmasse
(Mittelwert und Streuung
von 2 Chassis, Anregung -12 dB): |
Resonanzfrequenz Fs
DC-Widerstand Rdc
Mechanische Güte Qms
Elektrische Güte Qes
Gesamtgüte Qts
Effektive bewegte Masse Mms (Angabe BPA)
Äquiv. Luftvolumen Vas
Kraftfaktor BL
Wirkungsgrad Eta (1m, 2.83V, Halbraum) |
59.75 Hz (+/-4.2%)
3.02 Ohm (+/-0.9%)
8.381 (+/-15.5%)
0.469 (+/-5.1%)
0.444 (+/-4.0%)
14.6 gr (+/-0.0%)
9.07 dm³ (+/-8.3%)
5.94 N/A (+/-0.9%)
90.84 dB (+/-0.36)
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TSP (High, Mittelwert und Streuung
von 2 Chassis, Anregung -12 dB): |
Resonanzfrequenz Fs
DC-Widerstand Rdc
Mechanische Güte Qms
Elektrische Güte Qes
Gesamtgüte Qts
Wirkungsgrad Eta (1m, 2.83V, Halbraum) |
669.5 Hz (+/- 1.3%)
3.15 Ohm (+/- 0.9%)
3.845 (+/- 13.8%)
1.706 (+/- 8.7%)
1.181 (+/- 10.3%)
89.78 dB (+/- 0.11)
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Pseudorauschen
> 200 Hz (0°, 15°, 30°, 45°, 60°; MP3 42 kB)
{audio}/images/stories/chassis/thiel_SCS3b/SCS3b_1B_SPLdeg.mp3{/audio}
Pseudorauschen
> 1000 Hz (0°, 15°, 30°, 45°, 60°; MP3 42 kB)
{audio}/images/stories/chassis/thiel_SCS3b/SCS3b_1H_SPLdeg.mp3{/audio}
Messung bis 30 kHz in 20cm Abstand
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Sprungantwort (Bass 1 / High 1, 20 cm, 0°)
Zerfallspektrum (Bass 1 / High 1, 20 cm, 0°)
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Klirrfaktor bei 80 bis 100dB/1m (Halbraum)
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Kompletter Datensatz der beiden Chassis (Impedanz, Schalldruck, Bündelungsgrad
und Schallleistung im OCT-Format, Klirrfaktor und komplexer Frequenzgang
als TXT-Datei, ZIP, 139 kB)
Hinweis: Beide Chassis sind gebraucht
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Unsere Meinung:
- Der äußere Eindruck:
Der THIEL-AUDIO SCS-3 MkII sieht zunächst einmal sehr unscheinbar aus.
Die Alumembran des Tiefmitteltöners schimmert matt, die Gummisicke ist
- höchst ungewöhnlicher weise - hellgrau und der Korb (bzw. dessen Abdeckung)
ist aus altweißem Kunststoff - besser kann man ein Chassis auf einer
ebenso altweißen Lautsprecherfront nicht "verstecken". Der Hochtöner
ist mit einem Lochgitter abgedeckt, nur die schwarze Kunststoffeinfassung
und die leicht durchschimmernde, breite Gummisicke lassen überhaupt
erahnen, dass es sich um einen Koaxiallautsprecher handelt.
Hinter der extrem dezenten Fassade hat es der SCS-3 MkII faustdick hinter
der Membran. Ein
Technical Paper (Englisch) zeigt, wie viel Gehirnschmalz hier aufgewendet
wurde. Die Alumembran ist am Rand an 16 Stellen in radialer Richtung
ca. 9mm lang und ca. 0.5mm tief geprägt um die Membran am Rand zu versteifen.
Die extrem flache Alumembran (das erinnert an den
OMNES AUDIO CX3.0) erhält ihre Steifigkeit durch einen von hinten
aufgebrachten Styroporkonus (der KEF B139 lässt grüßen), der gleichzeitig
für eine Bedämpfung der Alumembran sorgt.
Beide Chassis besitzen eine relativ kurze Schwingspule in einem relativ
langen Luftspalt (sog. Unterhang-Schwingspule). Die lineare Spitze-zu-Spitze-Auslenkung
wird beim Tiefmitteltöner mit 3/16" angegeben (= +/- 2.4 mm, also relativ
wenig), beim Hochtöner mit 1/8" (= +/- 1.6 mm, also relativ viel).
- Die TSP:
Beim Tiefmitteltöner haben wir auf eine Bestimmung der Membranmasse
verzichtet, da uns das nicht ganz billige Chassis (UVP 499 €/Stück)
von einem Abonnenten leihweise zur Verfügung gestellt wurde. Stattdessen
haben wir uns auf die Angabe von Blue Planet Acoustic verlassen.
Eine Resonanzfrequenz von knapp 60 Hz in Verbindung mit einer Gesamtgüte
von knapp 0.45 verspricht in einer Bassreflexbox von 15 l einen Tiefgang
bis 46 Hz:
In einem 9l "großen" Bassreflexgehäuse geht es immer noch bis 56
Hz runter, wobei dann der Frequenzgang nicht ganz so "eckig" abknickt,
der Übergangsbereich also etwas "runder" ist. Dadurch ergibt sich eine
geringere Gruppenlaufzeit, das wiederum klingt weniger "hinterher hinkend".
In einem 5 l kleinen geschlossenen Gehäuse wäre er mit einer unteren
Grenzfrequenz von 100 Hz als kompakter Satellit mit Subwooferunterstützung
einsetzbar.
Die Streuung der TSPs ist in den wesentlichen Größen Rdc und BL sehr
gering. Erwähnenswert ist die sehr hohe mechanische Güte (= geringe
mechanische Verluste), die allerdings recht stark streut (+/- 15.5%).
Dies gilt auch beim Hochtöner (+/- 13.8%). Die Resonanzfrequenz des
Hochtöners liegt bei geringen 670 Hz und streut so gut wie gar nicht,
dies gilt auch für den DC-Widerstand und den Wirkungsgrad. Der Impedanzverlauf
wird sehr gut durch das Ersatzschaltbild angenähert, und auch bei hohen
Anregungspegeln bleibt der Impedanzverlauf unverändert: ein erstes Indiz
dafür, dass der Hochtöner ordentlich was wegstecken kann.
- Der Frequenzgang:
Bis 3 kHz verhält sich der Tiefmitteltöner fast ideal - nur eine ca.
3 dB tiefe "Delle" um 1750 Hz fällt leicht aus dem Rahmen. Bei 4 und
5 kHz gibt es 2 für eine Metallmembran relativ gut bedämpfte Membranresonanzen.
Ab ca. 1 kHz setzt die Richtwirkung langsam und gleichmäßig ein, erst
oberhalb von 3 kHz im Bereich der Membranresonanzen verlaufen die Winkelmessungen
nicht mehr parallel zum Frequenzgang auf Achse. Unter 30° (blaue Kurve)
ist der Verlauf aber sogar bis 5.5 kHz recht ausgewogen.
Beim winkelgewichteten Schalldruck (= angenäherter Energiefrequenzgang)
verhalten sich beide Chassis bis 1.7 kHz fast identisch, darüber zeigen
sich jedoch leichte Unterschiede.
Der Frequenzgang des Hochtöners verläuft von 650 bis 3.5 kHz wie
mit dem Lineal gezogen. Bei 5, 9.5, 15.5 und 18 kHz kommt es auf Achse
jedoch zu Einbrüchen - der Einbau im Zentrum des Tiefmitteltöners fordert
seinen Tribut. Darüber zeigt sich eine stark ausgeprägte Membranresonanz
bei 21.3 kHz mit einer Überhöhung von fast 15 dB - hier wurden offenbar
keine Abstellmaßnahmen getroffen, Jim Thiel ist wohl der Meinung, dass
dies unkritisch ist, obwohl einem beim Anblick der Sprungantwort vor
lauter Zappelei ganz schwindelig werden kann. Auch das periodenskalierte
Zerfallspektrum sieht nicht gut aus. Gerade bei CD-Wiedergabe mit ihrer
prinzipbedingten oberen Grenzfrequenz von maximal 22050 Hz erfolgt hier
jedoch kaum noch eine Anregung.
Bereits unter 15° ist von den Einbrüchen kaum noch etwas zu sehen (da
die Störungen dann nicht mehr "symmetrisch" sind und sich nicht mehr
perfekt addieren), lediglich der untere Einbruch um 5 kHz bleibt erkennbar.
Daher zeigt auch der winkelgewichtete Schalldruck einen fast idealen,
kontinuierlich leicht abfallenden Verlauf - auch hier gibt es nur um
5 kHz leichte Störungen. Erst oberhalb von 9 kHz zeigen sich beim winkelgewichteten
Schalldruck leichte Abweichungen zwischen beiden Chassis.
- Der Klirrfaktor:
Der "harmonische" Klirrfaktor K2 des Tiefmitteltöners verläuft von 80
bis 1500 Hz weitgehend linear. Um 1750 Hz zeigt er einen "Buckel", da
dort die Grundwelle eine "Delle" hat, die Klirrkomponente aber gleichbleibend
hoch ist. Oberhalb von 2 kHz ist der Verlauf unruhiger, der Klirrfaktor
liegt jedoch in der Regel unterhalb des Wertes bei 1750 Hz. Wie üblich
steigt K2 deutlich mit dem Anregungspegel.
Der "unharmonische" Klirrfaktor K3 des Tiefmitteltöners verläuft von
160 bis 1100 Hz weitgehend linear. Bei 1300 Hz (= 4000/3) gibt es eine
Überhöhung aufgrund der Membranresonanz bei 4 kHz, um 1750 Hz gilt das
bereits oben Gesagte. Bei Pegeln bis 85 dB ist oberhalb von 2 kHz Schluss
mit K3, bei höheren Pegeln bäumt sich K3 im Bereich der Membranresonanzen
(4 und 5 kHz) noch einmal auf. Bei niedrigen Pegeln ist K5 bei 800 Hz
(= 4000/5) noch erkennbar.
Bei einem mittleren Schalldruckpegel von 80 / 85 / 90 / 95 / 100 dB
liegt K2 im Frequenzbereich von 80 bis 2000 Hz im Mittel bei geringen
0.22 / 0.39 / 0.68 / 1.19 / 1.94%. Für K3 gilt in diesem Bereich ein
Mittelwert von sehr geringen 0.08 / 0.11 / 0.17 / 0.23 / 0.32%. Auch
bei hohen Pegeln steigt K3 nur gering an und explodiert auch bei 100
dB mittlerem Schalldruckpegel noch nicht - Respekt!
Gemäß unserer Untersuchung
Klirrfaktor - wie viel ist zu viel? wäre K2 im kompletten Frequenzbereich
von 80 bis 100 dB unhörbar. Bei K3 wäre die Spitze um 1300 Hz bei Sinusanregung
von 80 bis 100 dB gerade so eben hörbar. K4 wäre wieder komplett unhörbar,
die K5-Spitze um 800 Hz wäre bei Sinusanregung von 80 bis 100 dB gerade
so eben hörbar. Bei komplexer Musik dürfte der Klirrfaktor jedoch nicht
als Klangverfärbung erkennbar sein.
Auch den Hochtöner haben wir bis zu diesen Pegeln "gequält". Der
"harmonische" Klirrfaktor K2 verläuft beim Hochtöner bereits ab 1200
Hz weitgehend linear und ist stark vom Anregungspegel abhängig. Der
"unharmonische" K3 steigt < 1.4 kHz stark an und ist scheinbar erst
ab 95 dB vom Anregungspegel abhängig. Auffällig sind noch die K3-, K4-
und K5-Spitzen bei 21000/3, 21000/4 bzw. 21000/5 Hz. Hier reagiert die
Membran auf kleinste mechanische bzw. elektrische Klirrfaktoranregungen
durch die stark ausgeprägte Membranresonanz mit deutlichem akustischem
Klirrfaktor. Selbst ein Sperrkreis bei 21 kHz kann dies nicht verhindern,
denn der würde ja nur die ELEKTRISCHE ANREGUNG bei 21 kHz verringern,
nicht aber die AKUSTISCHE ANTWORT auf eine Anregung mit 21/X
kHz.
Bei einem mittleren Schalldruckpegel von 80 / 85 / 90 / 95 / 100 dB
liegt K2 oberhalb von 1.4 kHz im Mittel bei geringen 0.16 / 0.25 / 0.43
/ 0.83 / 1.41%. Für K3 gilt in diesem Bereich ein extrem geringer Mittelwert
von 0.03 / 0.03 / 0.02 / 0.09 / 0.26%. Auch der Hochtöner kommt mit
den hohen Schalldruckpegeln von bis zu 100 dB sehr gut zurecht - Respekt!
Beim Hochtöner wären oberhalb von 1500 Hz von 80 bis 100 dB alle untersuchten
Klirrkomponenten unhörbar.
- Die Pegellinearität:
Bei Betrieb von 20 bis 20000 Hz treten beim Tiefmitteltöner bis 20 V
Anregungsspannung (= 108 dB Schalldruckpegel in 1m Abstand) schon deutliche
Dynamikkompressionen auf. Insbesondere im Grundtonbereich um 150 Hz
gibt es ab 8 Vrms (= 16 Wrms) deutliche Kompression. Auch ab knapp 2
kHz steigt die Kompression deutlich an, dort verhalten sich beide Chassis
deutlich unterschiedlich. Würde nur der Bereich 200 bis 2 kHz angeregt
werden sähe die Dynamikkompression deutlich günstiger aus.
Der Hochtöner verhält sich bilderbuchmäßig: im gesamten angeregten
Frequenzbereich ab 1.5 kHz setzt die Kompression bei etwa +15 dB re
2 V (= 102 dB in 1m) ein. Nur ganz sporadisch steigt die Dynamikkompression
bis 20 V auf 1 dB an - das ist sensationell. Auch das legt eine möglichst
niedrige Trennfrequenz um 1500 Hz nahe.
Würde der Tiefmitteltöner ab 200 Hz entlastet werden könnte die Kombination
auch hohe Pegel bis 107 dB ohne nennenswerte Kompression wiedergeben.
HiFi-Selbstbau-Fazit:
Der THIEL-AUDIO SCS-3N MkII ist ein unscheinbar aussehendes Koaxialchassis,
das es faustdick hinter der Membran hat. Viele Detaillösungen (die im
Technical Paper (Englisch) erläutert sind) lassen erkennen, dass man
hier übliche Probleme von Koaxialchassis weitgehend kompromisslos gelöst
hat. Das schlägt sich leider auch im Preis nieder, der mit 499 €/Stück so
hoch liegt, dass man nicht gerade zu einem Spontankauf neigt ;-)
In unserer Folterkammer haben aber beide Chassis gezeigt, dass sie mit
zum Besten gehören was man in der jeweiligen Größenklasse kaufen kann, so
dass sich der hohe Preis relativiert: ein ordentlicher 17er kostet auch
150 bis 200 €, ähnliches gilt für eine hervorragende 25mm Kalotte.
Die Messdaten legen eine möglichst niedrige Trennfrequenz ab 1500 Hz
nahe. In einer 9 l "großen" Bassreflexbox (dies entspricht dem Bauvorschlag
One Point NEO MkII) macht sie bereits bis zu moderaten Lautstärkepegeln
eine sehr gute Figur. OK, Tiefbassorgien sind ihre Sache nicht, dafür kann
sie mit einem gleichmäßigen Rundstrahlverhalten punkten.
Würde man den Tiefmitteltöner ab 200 Hz entlasten ginge aber noch deutlich
mehr. Beide Chassis vertragen dann bis zu 20 Vrms, also 100 Watt Dauerleistung
bzw. 200 Watt Spitzenleistung und setzen diese auch ohne nennenswerte Kompression
in Schalldruck um. Da muss man im Bassbereich schon ganz schön auffahren
um diese Leistungsfähigkeit bis hinunter zu 35 Hz aufrecht zu erhalten.
So ab 2x 25er Bässe sollten es dann schon sein . . . Das wäre dann quasi
eine DreiZwoMaxx, also eine Box, bei der man das Grundprinzip der
DreiZwo ("kleiner" Koaxial-Mittel-/Hochtöner mit Bassunterstützung)
konstruktiv auf die Spitze getrieben hätte.
Etwas Ähnliches entsteht in Kürze bei unserem Abonnenten, dort wird der
SCS-3N MkII als Frontlautsprecher mit integriertem Subwoofer in einem Surroundsystem
eingesetzt - stay tuned . . .
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leider funktionieren die Links nichts