Analyse der MONACOR Triple X
Bevor die MONACOR Triple X zur Klang & Ton kam (Test in Heft 6/2024, S. 38ff), war sie einige Wochen bei uns zu Gast (s. CLC). Dort findet man auch einige Klangbeschreibungen zum Lautsprecher in den Kommentaren!
Wir sind ja Fans von Koax-Systemen und setzen auch gerne mal Chassis aus dem PA-Bereich ein - da passte die Triple-X mit ihrem 6.5" Koax-Chassis von CELESTION und dem 8" Tieftöner aus gleichem Hause natürlich wie die Faust aufs Auge . . .
Klangbeschreibung Triple-X
Als die Triple-X ankam haben wir sie erst mal in den Hörraum gestellt und Musik gehört. Und sofort war klar - das Ding macht Spaß, es klang einfach lebendig! Man merkt zwar recht schnell, dass echter Tiefbass fehlt und auch ganz oben rum (> 10 kHz) hat man schon Besseres gehört, aber wirklich stören tut das kaum, weil ihr ausgewogener Mitteltonbereich und ihre Spielfreude das mehr als wett machen. Vor allem die Räumlichkeit ist spektakulär, sie bildet sehr deutlich bis +/- 90% ab; da muss man die Quelle nicht lange suchen, sie ist spontan deutlich lokalisierbar.
Nachdem wir unsere positiven Höreindrücke im internen HSB-Forum geschildert hatten meldeten sich denn auch gleich mehrere Interessenten zum privaten Hörtest an - und einige hinterließen sogar einen Kommentar über ihre Höreindrücke (s. CLC)
Auch die Klang & Ton war begeistert und schreib unter anderem "Dynamik steht quasi unbegrenzt zur Verfügung" und "Diese Kombination war PA auf High-End-Niveau, oder High End auf PA-Niveau, wie man es sehen möchte . . ."
Das hatten ja auch schon unsere Chassistests gezeigt (s. HSB-Datenblatt TFX0615 und HSB-Datenblatt CF0820BMB) . . .
Und wenn man eine solche gut klingende Box vor sich hat und die externe Prototypweiche auch auf einfache Weise Messungen des Spannungsverlaufs und einzelner Chassis erlaubt, dann juckt es uns natürlich in den Fingern herauszufinden wie die das gemacht haben . . .
Messungen im Hörraum:
Die folgenden Messungen basieren auf der originalen Prototypweiche (s.u.). Hier die Messung der MONACOR Triple-X in unserem Hörraum mit Dirac:
-> von 430 bis 10 kHz optimaler Verlauf → Trennfrequenz MT/HT optimal
-> "Durchhänger" 160 bis 430 Hz → Trennfrequenz TT/MT nicht ganz optimal
-> leichte Überbetonung von 100 bis 140 Hz
-> mit REW und Wedelmessung ergeben sich ähnliche Ergebnisse (Dirac OFF)
-> deutliche Verbesserung mit Dirac ON
Und jetzt die einzelnen Chassis (L+R) über Weiche:
-> sehr breite Überlappung zwischen TT und MT und flache Filtersteilheiten TT und MT
-> MT hat 2 Peaks bei 680 und 1100 Hz → wo kommen die her?
Und noch eine Messung mit jeweils verpoltem Mitteltöner (L+R):
-> breitbandige Überlagerung bzw. Auslöschung wegen überlappender Einsatzbereiche
Für weitergehende Simulationen (wir planen eine Triple-X mit 2 Tieftönern) wurden auch die einzelnen Chassis ohne Weiche im Gehäuse der Triple-X gemessen (L = grüne Kurve, R = rote Kurve, energetischer Mittelwert = schwarze Kurve):
-> sehr breitbandiger Tieftöner mit Anstieg von 400 bis 550 Hz → hier müsste die Weiche steiler sein (oder Saug-/Sperrkreis)
-> Zielkurve bei 1 kHz ca. 75 dB
-> 2 Peaks bei 680 und 1100 Hz → wo kommen die her (beim Chassistest nicht vorhanden)?
-> "Loch" zwischen 1.9 und 3.5 kHz → Trennfrequenz muss bei ca. 2 kHz sein
-> Zielkurve bei 1 kHz ca. 82 dB → deutlich lauter als Tieftöner
-> von 1.6 bis 10 kHz sehr schön gleichmäßiger Verlauf
-> deutlicher Schub unten rum durch Waveguide-Wirkung der MT-Membran
-> Zielkurve bei 1 kHz ca. 83 dB → deutlich lauter als Tieftöner
Insgesamt ist die Paargleichheit der Chassis sehr gut!
Die Auslegung der Frequenzweiche entspricht wegen der breiten Überlappungsbereiche zwischen TT und MT (aber auch zwischen MT und HT) eher nicht der "üblichen" Vorgehensweise. Allerdings ist festzuhalten, dass es bei Verpolung des Mitteltöners ausschließlich Auslöschungen gibt, d.h. mit "richtig" gepoltem Mitteltöner unterstützen sich die Chassis im gesamten, breiten Überlappungsbereich. Das mag erklären warum die Triple-X so lebendig klingt . . .
Rundstrahlverhalten:
Vielleicht liegt es aber auch am gleichmäßig abfallendem Rundstrahlverhalten der Triple-X - das ist ja die Domäne von gut gemachten Koaxialchassis, da der Hochtöner die Membran des Tief- bzw. Mitteltöners als Waveguide sieht und somit das Rundstrahlverhalten im Übernahmebereich sehr ähnlich ist. Hier zunächst die horizontale Rundstrahlverhalten der gesamten Box im RAR in 1 m Abstand auf Höhe des Koax:
-> sehr schön gleichmäßige Abstrahlung
-> auf Achse bei 7.2, 9.2 und 14 kHz Einbrüche, bei 11.5 und 18 kHz Überhöhungen
Normiert man das Rundstrahlverhalten auf 15% (gleichmäßigste Abstrahlung) sieht es so aus:
-> zwischen 1 und 11 kHz weitgehend gleichmäßiges Rundstrahlverhalten (= Constant Directivity, kurz CD)
Wenn man nur den Hochtöner ohne Weiche so misst (Normierung auf 15%) sieht es ganz ähnlich aus:
Misst man nur den Mittetöner ohne Weiche sieht es ohne Normierung so aus:
-> MT strahlt bis knapp 2 kHz schön breit → Trennfrequenz sollte bei 2 kHz sein
Da manche Leute Schwierigkeiten haben die obigen Farbkarten zu lesen hier die "klassische" Darstellung in 15%-Schritten:
-> sehr schön gleichmäßig abfallendes Rundstrahlverhalten
-> Hochtöner unter 15% deutlich gleichmäßiger als unter 0% (durchaus typisch für Koax-Chassis)
-> sehr schön gleichmäßig abfallendes Rundstrahlverhalten bis 2 kHz
-> sehr schön gleichmäßig abfallendes Rundstrahlverhalten bis 2.5 kHz
-> auch im RAR Welligkeit < 1 kHz und Überhöhung um 1.1 kHz erkennbar
-> sehr schön gleichmäßig abfallendes Rundstrahlverhalten
-> Hochtöner unter 15% deutlich gleichmäßiger als unter 0% (durchaus typisch für Koax-Chassis)
Insgesamt ist das horizontale Rundstrahlverhalten aller Chassis einzeln und der gesamten Box sehr gleichmäßig. Da der Mittel-/Hochtonbereich von einem Koax-Chassis abgestrahlt wird dürfte dies auch für das vertikale Rundstrahlverhalten gelten . . .
Impedanzmessungen:
Bei der Impedanzmessung der gesamten Box fielen uns ein paar Dinge auf:
-> zwischen 125 und 400 Hz ändert sich die Impedanz mit dem Anregungspegel
-> bei hohen Frequenzen sinkt die Impedanz kontinuierlich ab (3 Ohm bei 20 kHz, Tendenz fallend -> was ist da los?)
Aber eins nach dem anderen. Um die Ursache für die pegelabhängige Impedanz zwischen 125 und 400 Hz zu ermitteln wurden die Chassis einzeln gemessen:
-> hier ändert sich zwischen 125 und 400 Hz die Impedanz NICHT mit dem Anregungspegel
-> hier ändert sich zwischen 125 und 400 Hz die Impedanz NICHT mit dem Anregungspegel
-> hier ändert sich zwischen 125 und 400 Hz die Impedanz NICHT mit dem Anregungspegel
Die Chassis sind offenbar nicht die Ursache für die pegelabhängige Impedanz im Bereich 125 bis 400 Hz, also muss es wohl die Frequenzweiche sein. Hier kommt natürlich vor allem die Ferritspule vor dem Tieftöner in Frage, die ggf. in die Sättigung kommt und/oder die nicht fest genug gewickelt ist.
Auch der Impedanzabfall zu hohen Frequenzen kommt nicht vom Hochtöner, sondern durch die Beschaltung der Chassis (s.u.).
Sonstige Messungen:
Bei Bassreflexboxen ist immer auch interessant, wie wenig unerwünschter Schall aus dem Bassreflexrohr kommt. Das misst man am einfachsten in der Ebene des äußeren Rohrendes:
-> ohne Weiche (rote Kurve) sieht man eine Rohrresonanz bei 950 Hz (-5.5 dB)
-> mit Weiche (schwarze Kurve) ist die Rohrresonanz ca. 19 dB kleiner als das Maximum bei der Abstimmfrequenz
Besonders interessant ist immer auch der Spannungsverlauf an den Chassis - leider wird dieser Verlauf so gut wie nie irgendwo abgedruckt obwohl man so relativ leicht (ohne kalibriertes Messmikrofon und eine reflexionsarme Umgebung) überprüfen könnte, ob die Weiche richtig/wie gewünscht funktioniert:
-> am Tieftöner gibt es um 130 Hz einen "Spannungsüberschuss" von 3 dB, der aus der Interaktion zwischen Chassis und Weiche kommt und das Impedanzminimum um 140 Hz von 4.66 Ohm beschert
- bis 700 Hz beträgt der Spannungsabfall am Tieftöner nur ca. 4 dB/Oktave
-> der Mitteltöner wird bis hinunter zu 125 Hz nur 5 dB entlastet; um 4.5 kHz wird die Membranresonanz weggesaugt
-> der Hochtöner fällt von 20 bis 3 kHz um 8 dB ab, erst unterhalb von 1.8 kHz wird der Abfall deutlich steiler
Wichtig ist natürlich nicht nur der Spannungsverlauf, sondern die Summe aus Spannungsverlauf und Frequenzgang. Das kann man am einfachsten im Nahfeld der Chassis messen:
-> es werden die obigen Erkenntnisse (Messung am Hörplatz, 4. Messung von oben) bestätigt
Modifikation der Prototypweiche:
Nach ersten Impedanzmessungen entspann sich im internen HSB-Forum eine Diskussion, ob denn die zu hohen Frequenzen hin abfallende Impedanz kritisch wäre und wie man sie ggf. entschärfen könnte.
Unsere Impedanzmessung sah so aus:
-> Impedanzminimum von 4.66 Ohm bei 140 Hz (recht tief für einen 8 Ohm-Tieftöner)
-> Impedanz von 3 Ohm bei 20 kHz, Tendenz weiter fallend
Der ursprüngliche Weichenplan sah so aus:
Und die finale Version:
Nach Simulation mit Boxsim war klar, dass die Parallelschaltung L2||C3 in Verbindung mit C4 für diesen Impedanzabfall verantwortlich war:
Der Impedanzverlauf war nun > 10 kHz deutlich gutmütiger, wobei der simulierte Frequenzgang (basierend auf Podestmessungen 0%) kaum beeinflusst wurde:
Diese finale Weiche wurde dann schließlich in schön aufgebaut, damit sie in die Box passt, die daraufhin von uns zu Klang & Ton gebracht wurde:
Aufgrund der Anordnung von Reflexrohr und Anschlussterminal muss man die Weiche übrigens spiegelsymmetrisch aufbauen, weil die Spule sonst nicht am Anschlussfeld vorbeikommt.
Die Absorption ist recht einfach. Normal, locker gefüllt, mit einem Freiraum damit der Durchgang zum BR Rohr nicht verschlossen wird.
Klappe zu, Affe tot, wie es im Volksmund heißt
Der fertige Lautsprecher kann sich sehen und hören lassen.
Fazit:
Es macht Spaß über die MONACOR Triple-X Musik zu hören, weil sie lebendig klingt und der Frequenzgang weitgehend ausgewogen ist.
Das Rundstrahlverhalten ist sehr gleichmäßig, der Hochtöner möchte im Nahfeld am liebsten unter 15% gehört werden.
Die Auslegung der Frequenzweiche ist "speziell":
- es gibt breite Überlappungsbereiche (was man üblicherweise vermeiden will, weil das üblicherweise Probleme mit dem vertikalen Rundstrahlverhalten gibt)
- Mittel- und Hochtöner werden erst relativ tief von der Frequenzweiche entlastet, stecken das aber aufgrund ihrer PA-Gene locker weg
- um 140 Hz gibt es ein Impedanzminimum von 4.66 Ohm (trotz 8-Ohm-Tieftöner), hier schwingt die Frequenzweiche mit der Chassisimpedanz; auf eine Impedanzentzerrung wurde verzichtet
- die Spule vor dem Tieftöner steht im Verdacht in die Sättigung zu geraten und/oder ein Eigenleben zu führen (zu lockerer Wickel)
Manchmal muss man sich eben trauen auch mal ungewöhnliche Wege bei der Lautsprecherentwicklung zu gehen. Wir gratulieren Frank Kuhl zu einer rundum gelungen Triple X bei der man zwar einzelne Aspekte kritisch sehen könnte, die am Ende aber durch ihre unbändige Spielfreude alle theoretischen Bedenken in den Wind schlägt . . .
Wir planen zur Zeit eine Triple X mit 2 Tieftönern aufzubauen um den Wirkungsgrad weiter zu erhöhen. Die bekommt dann ein deutlich größeres Gehäuse (Standbox) und soll auch tief können - mal schauen, ob uns die Quadratur des Kreises gelingt . . .
Wenn das funktioniert wird es auch noch einen Center geben, so das am Ende ein lautes, sehr spielfreudiges Heim-Kino System entsteht. Einen passenden, lauten Woofer zu finden dürfte da nicht ganz so einfach werden.
Weitere Infos für unsere Abonnenten im internen HSB-Forum:
Triple-X, Klangprobe (ein Versuch)
Monacor Triple-X
https://clc.koeln/triple-x/