Nach dem SEAS W15CY001 haben wir uns auch mal dessen größeren Bruder angeschaut, den W16NX001. Beide haben Vieles gemein, aber der W16NX001 ist deutlich langhubiger ausgelegt (+/- 7 statt +/- 4 mm) und seine Membran ist 26% größer. Damit kann er mehr als doppelt so viel Luft verschieben wie der kleinere W15CY001. Dank größerer Schwingspule (38 statt 25mm Durchmesser) kann er die dafür nötige Leistung auch mühelos aufnehmen.
Die Kehrseite der größeren Membran und langhubigeren Auslegung ist, dass er nicht ganz so hoch kommt wie der W15CY001 und daher größere Anforderungen an den Hochtonpartner stellt.
Unser Datenblatt zeigt die Stärken (und Schwächen?) und erlaubt so einen detaillierten Vergleich mit anderen Chassis ähnlicher Größe.
Der äußere Eindruck: Besondere Erkennungsmerkmale der SEAS-EXCEL-Chassis sind ihre grau lackierte Metallmembran und der kupferfarbene Phaseplug. Man findet sie in sehr vielen Fertigboxen. Die Metallmembran ist übrigens nicht aus Aluminium sondern aus Magnesium. Da Magnesium nicht so stark tiefgezogen werden kann wie z.B. Aluminium ist die Membran exakt konusförmig statt der üblichen Nicht AbWIckelbaren Form. Die Gummisicke ist an 6 Stellen mit schrägen Stegen versehen und soll so umlaufenden Membranresonanzen reduzieren und das Kollabieren der Sicke bei hohen Auslenkungen verhindern. Eine 20mm hoch gewickelte Schwingspule in einem 6mm hohen Luftspalt verspricht rechnerisch immerhin einen linearen hub von +/- 7 mm! Von hinten fällt der strömungsgünstig geformte Druckgußkorb auf: 6 filigrane Stege verbinden das Magnetsystem mit dem Montageflansch, und 6 Schrauben gewährleisten eine bombensichere Verbindung zur Schallwand. Die Zentrierspinne ist eben und hängt frei in der Luft - mehr kann eine Zentrierspinne nicht hinterlüftet sein. Der Magnet mit 110 mm Durchmesser und einer Höhe von 17 mm für ein so kleines Chassis mit 38 mm Schwingspule wohl dimensioniert. Der "Gummiüberzieher" dient als Transportschutz - und zur optischen "Vergrößerung" . . .
Die TSP: Die gemessenen TSPs weichen relativ stark von den Herstellerangaben (in Klammern) ab. Dabei sind die TSPs nicht sehr pegelabhängig, wie das oberste Diagramm zeigt. Immerhin erhält man selbst bei der +6 dB-Messung noch eine "saubere" Messkurve, der Hub ist also in weiten Bereichen linear (s.o.).
TS-Parameter
Einheit
HiFi-Selbstbau
SEAS
Abweichung
Resonanzfrequenz Fs Gesamtgüte Qts Effektive bewegte Masse Mms Äquiv. Luftvolumen Vas Wirkungsgrad Eta (1m, Halbraum)
[Hz] [-] [gr] [dm³] [dB/W/m]
49.28 0.465 13.15 10.61 86.13
39 0.35 13.9 14 85
+26.4% +32.9% -5.4% -24.2% +1.13 dB
Eine Resonanzfrequenz von 49.3 Hz verbunden mit einer Gesamtgüte von 0.465 versprechen im Bassreflexgehäuse eine untere Grenzfrequenz von 40 Hz. Das Volumen beträgt (für eine kleine Standbox akzeptable) 18 l, die Abstimmfrequenz liegt bei noch praxisgerechten 42 Hz. Würde man ein Chassis mit den SEAS-TSPs in dasselbe Gehäuse einbauen ergäbe sich - trotz der großen Abweichungen - fast derselbe Frequenzgang. Auch der Wirkungsgrad wäre weitestgehend identisch, obwohl SEAS einen 1.13 dB geringeren Wert angibt . . .
Geschlossen ist ohne Entzerrung kein echter Tiefgang zu erwarten, für ein Satellitensystem reicht es aber (F3 ist 75 Hz). Die Streuung der TSPs ist sehr gering. Im Impedanzverlauf deutet sich die Membranresonanz bei 5.5 kHz an.
Der Frequenzgang: Bei der Nahfeldmessung ist der Frequenzgang bis 900 Hz fast perfekt. Es folgt ein breiter, ca. 2.5 dB hoher Buckel bis 4 kHz, an den sich die Membranresonanz bei 6 kHz mit einer Überhöhung von ca. 10 dB anschließt. Die Resonanzfrequenz der Membran kann man sogar aus der Sprungantwort ablesen, dort ist der Abstand zweier Maxima 0.159 ms (-> Resonanzfrequenz = 1/0.000159 = 6.29 kHz). Ab ca. 1 kHz setzt die Bündelung ein, bei 2 kHz beträgt der Unterschied zwischen der 0° und 60° Kurve bereits 5 dB - Tendenz stark steigend. Der winkelgewichtete Schalldruck verläuft bis knapp 2 kHz perfekt linear und fällt dann bis 4 kHz um 9 dB ab, bevor die Membranresonanz für einen erneuten Anstieg um 9 dB sorgt. Im periodenskalierten Zerfallspektrum zeigt sich selbst bei der Membranresonanz kein verzögertes Ausschwingen, das sieht zunächst nur so aus weil die Resonanz auf Achse ca. 10 dB lauter ist. Beide Chassis verhalten sich auf Achse bzw. beim winkelgewichteten Schalldruck bis knapp 2 kHz fast identisch - Hut ab! Auch danach sind die Abweichungen bis 10 kHz < 2 dB. Das zeugt von einer guten Fertigungskonstanz.
Der Klirrfaktor: Der "harmonische" Klirrfaktor K2 zeigt oberhalb von 100 Hz einen ganz leicht ansteigenden Verlauf. verläuft fast über den gesamten Frequenzbereich linear und ist stark vom Anregungspegel abhängig. Der "unharmonische" K3 hat sein Minimum um 250 Hz, bildet dann ein Plateau bis 1.2 kHz und steigt dann schnell an um bei 2 kHz (= 1/3 der Membranresonanz von 6 kHz) sein Maximum zu erreichen. Bis 90 dB mittlerem Schalldruckpegel ist der Pegeleinfluss gering, darüber immer noch moderat. Der (ebenfalls unharmonische) K5 zeigt ein Maximum bei 1.2 kHz (= 1/5 der Membranresonanz von 6 kHz) Bei einem mittleren Schalldruckpegel von 80 / 85 / 90 / 95 / 100 dB liegt K2 im Frequenzbereich von 50 bis 3000 Hz im Mittel bei 0.19 / 0.34 / 0.59 / 1.06% (100 dB, 100 bis 3000 Hz 1.43%). Für K3 gilt in diesem Bereich ein Mittelwert von 0.12 / 0.16 / 0.25 / 0.48% (100 dB, 100 bis 3000 Hz 0.30%). Nach unseren Erkenntnissen (Klirrfaktor - wie viel ist zu viel?) ist die K3-Spitze bei 2 kHz allerdings bis 95 dB mittlerem Schalldruckpegel bei Sinusanregung hörbar. Auch K5 ist bis 95 dB bei Sinusanregung gerade oberhalb der Hörschwelle. Bei komplexer Musik dürfte das aber unkritisch sein.
Die Pegellinearität: . . . sieht zwischen 200 und 5000 Hz ganz hervorragend aus: hier verliert das Chassis trotz Anregung mit bis zu 20 V(rms) nur ganz sporadisch mal das ein oder andere halbe dB - das dürfte absolut unhörbar sein! Bei 20 V(rms) (entspricht 100 Watt(peak) an 8 Ohm) werden in 1 m Abstand immerhin 103 dB(rms) Schalldruck erzeugt, das ist schon ganz ordentlich für ein so "kleines" Chassis. Ab + 17 dB (relativ zu 2 V(rms)) verliert bzw. gewinnt das Chassis 1 dB oder mehr, da sind wir aber schon bei einem Pegel von 100 dB in 1m. Unterhalb von 200 Hz zeigt sich eine dynamische Verschiebung der TSPs, dadurch gewinnt das Chassis bei manchen Frequenzen während es bei anderen verliert. Das Ausmaß der Verluste bzw. Gewinne ist in Anbetracht der Chassisgröße allerdings sehr gering.
HiFi-Selbstbau-Fazit:
Der SEAS W16NX001 hinterlässt in unserer Folterkammer durch die Bank einen sehr guten Eindruck. Der Frequenzgang und das Rundstrahlverhalten sind bis knapp 2 kHz perfekt, nur der Klirrfaktor K3 mit seinem Maximum bei 2 kHz trübt das ansonsten hervorragende Bild etwas.
Die TSPs sind praxisgerecht und lassen vom 7 l kleinen Satelliten bis zur 36 l großen Bassreflexbox mit Doppelbestückung eine breite Palette von Anwendungen zu. Dank des großen linearen Hubs von 7 mm kann er trotz seiner geringen Größe auch im Bassbereich ganz ordentlich zulangen. Sofern man möglichst < 1600 Hz trennt steht dem Bau eines höchstwertigen Lautsprechers nur noch die Entwicklung einer geeigneten Frequenzweiche entgegen.
Mit einem UVP von 177 € ist der W16NX001 kein "billiges" Vergnügen, aber dank seiner hervorragenden Messwerte kann er sich selbst mit deutlich teureren Konkurrenten wie dem ACCUTON C173-11-095 messen - was ihn letztlich preiswert erscheinen lässt.
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