12-Zoll Preishammer von THOMANN aus der Monitor#Eins
Bei der Suche nach einem möglichen Nachfolger für den momentan nicht lieferbaren Tieftöner der LittleWatt bzw. LittleWatt Mk2 wurden mehrere potentielle Kandidaten getestet.
Da momentan im Netz die Monitor#Eins vom YouTube-Kanal SnakeOilAudio stark gehypt wird (Teil1, Teil2, Teil3, Forum) haben wir keine Kosten und Mühen gescheut und uns auch den dort eingebauten 12-Zöller beschafft. Er wird von THOMANN vertrieben und kostet nur 59 € - und dafür gibt es sogar einen Alu-Druckgusskorb! Der Frequenzgang des Chassis sieht laut Datenblatt allerdings gar nicht gut aus . . .
Ob dieses Chassis dennoch ein würdiger Nachfolger des SP-30/200Neo wäre klärt unser ausführliches Datenblatt . . .
Chassis-Datenblatt © www.hifi-selbstbau.de |
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Vertrieb: THOMANN | Typ: the box Speaker 12-280/8-A, 8 Ohm | Datenblatt des Vertriebs |
Foto des Chassis
Der äußere Eindruck:
Der Tieftöner der THOMANN-Hausmarke "the box Speaker" mit der kryptischen Bezeichnung 12-280/8-A sieht wie ein typischer PA-Lautsprecher aus: Alu-Druckgusskorb, Papiermembran, dicker Magnet. Ungewöhnlich ist aber die große, inverse Staubschutzkalotte mit immerhin 117 mm Durchmesser - das sieht man sonst eher bei schicken (Car-) HiFi-Chassis. Der Alu-Druckgusskorb ist sehr stabil, bietet immerhin 8 Anschraubpunkte, und die 8-teilige Pappdichtung sieht wertig aus. Die Sicke ist keine gewellte Weiterführung der Papiermembran, sondern eine beschichtete Textilsicke mit 2 M-förmigen "Wellen". Die Papiermembran ist luftgetrocknet, der äußere Rand ist ca. 7 mm breit beschichtet.
Von hinten fällt erst mal der 170 mm durchmessende und 20 mm hohe Ferritmagnet auf - der größte im Testfeld. Er muss aber auch die mit 75 mm Durchmesser größte Schwingspule antreiben, ist also nicht überdimensioniert. Der Magnet hat eine 30 mm durchmessende "old school" Polkernbohrung, die dafür sorgt, dass das unter der Staubschutzkalotte eingeschlossene Luftvolumen bei großen Auslenkungen nicht komprimiert wird, sondern entweichen kann. Die flache Zentrierspinne ist hinterlüftet - als einziges Chassis des SP-30/200Neo-Nachfolger-Testfelds. Die thermische Belastbarkeit wird mit 280 Watt angegeben.
Die vordere und hintere Polplatte ist jeweils 8 mm dick, die Wickelhöhe der Schwingspule ist 19 mm -> das ergibt - konservativ gerechnet - einen linearen Hub von +/- 5.5 mm - ein Spitzenwert im Testfeld.
Die TSP:
Membranfläche: | Außendurchmesser: Innendurchmesser: Plugdurchmesser: -> Membranfläche Sd: |
282 mm 248 mm 0 mm 551.5 cm² |
TSP (Mittelwert und Streuung von 2 Chassis, Anregung -12 dB): |
Resonanzfrequenz Fs DC-Widerstand Rdc Mechanische Güte Qms Elektrische Güte Qes Gesamtgüte Qts Effektive bewegte Masse Mms Äquivalentes Luftvolumen Vas Kraftfaktor BL Wirkungsgrad Eta (1m, 2.83V, Halbraum) |
61.22 Hz (+/-1.5%) 5.52 Ohm (+/-0.4%) 3.109 (+/-1.7%) 0.532 (+/-1.9%) 0.454 (+/-1.2%) 62.72 gr (+/-1.5%) 46.46 dm³ (+/-1.5%) 15.81 N/A (+/-0.8%) 96.54 dB (+/-0.03) |
Die Streuung der TSPs ist sehr gering. Trotz hinterlüfteter Zentrierspinne und großzügiger Polkernbohrung liegt die mechanische Güte mit 3.1 eher im unteren Teil des Testfelds. Das verwundert, da der Schwingspulenträger laut Vertrieb aus TIL und damit elektrisch nichtleitend sein soll . . .
Die hohe bewegte Masse Mms von 62.72 Gramm ist auch die höchste im Testfeld und sicher der großen und langen Schwingspule geschuldet.
Die gemessene Resonanzfrequenz liegt mit 61.22 Hz (+/- 1.5%) deutlich über der Herstellerangabe von 50.6 Hz -> dies liegt vor Allem an der deutlich steiferen Aufhängung. Würde die Aufhängung 30% weicher sein wäre die Resonanzfrequenz Fs* zwar 51.2 Hz (+1.2%) und das Äquivalentvolumen Vas* 66.4 Liter (-8.8%), aber die Gesamtgüte läge mit 0.380 immerhin 19.2% zu niedrig. Das liegt an der deutlich geringeren mechanischen Güte Qms (3.109 statt 6.33) und dem stärkeren Antrieb (BL ist 15.82 statt 14.3):
TS-Parameter | Einheit | HiFi-Selbstbau | THOMANN | Abweichung (original) |
HiFi-Selbstbau (30% weicher) |
Abweichung (30% weicher) |
Resonanzfrequenz Fs Gesamtgüte Qts Äquiv. Luftvolumen Vas Wirkungsgrad Eta (1m, Halbraum) Gleichstromwiderstand Rdc Effektive bewegte Masse Mms Kraftfaktor BL |
[Hz] [-] [dm³] [dB/2.83V/m] [Ohm] [gr] [N/A] |
61.22 0.454 46.46 96.54 5.52 62.72 15.82 |
50.6 0.47 72.8 94.5 5.7 57.8 14.3 |
21% -3.4% -36.2% 2.04 -3.2% 8.5% 10.6% |
51.22 0.38 66.37   |
1.2% -19.2% -8.8%   |
Im Impedanzverlauf sind nur um 550 und 850 Hz kleine, "breite" Störungen erkennbar, die sich nicht im Schalldruck-Frequenzgang wiederfinden.
Die Resonanzfrequenz ändert sich nur um 1.3%, wenn man den Anregungspegel von -18 dB auf +6 dB (und damit die Eingangsleistung um den Faktor 256) erhöht - dies lässt sich zum einen durch die harte Einspannung und den damit verbundenen geringeren Hub erklären, ist aber auch ein erster Hinweis darauf, dass der 12-280/8-A "Nehmer-Qualitäten" hat . . .
Lasip empfiehlt ein 70 Liter großes Bassreflexgehäuse, abgestimmt auf 54 Hz - dann geht es aber auch nur bis 50 Hz runter. Spendiert man 30 Liter mehr und stimmt auf 50 Hz ab, dann schafft man ein F3 von 45 Hz - die LittleWatt schafft 40 Hz . . . In einem 33 Liter großen, geschlossenen Gehäuse ergibt sich eine Gesamtgüte von 0.7 und eine untere Grenzfrequenz von 95 Hz - das reicht nur knapp für ein Subwoofer-Satelliten-System.
Der Frequenzgang:
. . . verläuft auf Achse weitgehend gleichmäßig von 150 bis 1000 Hz (Mittelwert 94.91 dB, Standardabweichung +/- 0.81 dB). Bereits ab 700 Hz fällt der Frequenzgang leicht ab, eine ausgeprägte Membranresonanz mit zugehöriger Pegelüberhöhung ist nicht erkennbar - Respekt! Oberhalb von 4.5 kHz fällt der Frequenzgang dann steil ab, nur um 8.5 kHz gibt es auf Achse ein letztes Aufbäumen. Beide Chassis verhalten sich auf Achse weitgehend gleich.
Die Bündelung setzt ab ca. 750 Hz ein, der Frequenzgang fällt bis 1.6 kHz mit zunehmendem Winkel zunehmend ab, wobei dies - relativ zum 0°-Verlauf - recht gleichmäßig und gutmütig erfolgt. Der winkelgewichtete Schalldruck fällt von 800 Hz bis 2 kHz ziemlich gleichmäßig mit 10 dB/Oktave ab, bis 4.2 kHz fällt er nur weitere 2 dB ab, bevor es dann sehr steil bergab geht.
Der Bündelungsgrad steigt zwischen 1 und 1.6 kHz steil an und bricht um 3.5 kHz ein, weil dort die Abstrahlung unter 30, 45 und 60° ansteigt. Dementsprechend ändert sich die Klangfarbe bei verschiedenen Winkeln deutlich. Beide Chassis verhalten sich weitgehend gleich.
Pseudorauschen > 200 Hz (0°, 15°, 30°, 45°, 60°; MP3 42 kB)
Sprungantwort/Pegellinearität
Die Sprungantwort zeigt mehrere kleinere Störungen, die nach 4 ms weitgehend abgeklungen sind.
Die Zerfallspektren beider Chassis sehen leicht unterschiedlich aus. Auffällig ist ein leicht verzögertes Ausschwingen um 550 und 850 Hz (diese Frequenzen kennen wir schon aus dem Impedanzverlauf) sowie um 2 und 4 kHz.
Sprungantwort (links Chassis 1, rechts Chassis 2, 20 cm, 0°)
Zerfallspektrum (links Chassis 1, rechts Chassis 2, 20 cm, 0°)
Die Pegellinearität:
Bei einem Schalldruck von 89 bis 109 dB (das entspricht einer Anregung mit 1.2 bis 12 Volt bzw. 0.26 bis 26 Watt) zeigen sich bereits ab 450 Hz und 108 dB (89 + 19 dB) Nichtlinearitäten > 0.5 dB, wobei diese zu hohen Frequenzen hin zunehmen (bei 2 kHz schon ab 103 dB). Bei Steigerung des Anregungspegels um 6 dB (bzw. Vervierfachung der Eingangsleistung) sind um 190 Hz (= Impedanzminimum) und > 1 kHz Kompressionseffekte > 1 dB ab 113 dB (95 + 18 dB) zu erkennen.
Der Klirrfaktor:
Die Klirrkomponente K2 verläuft oberhalb von 80 Hz weitgehend linear (mit leicht abfallender Tendenz) und steigt moderat mit dem Anregungspegel an. Der unharmonische K3 hat ein Maximum zwischen 250 und 1500 Hz und steigt > 200 Hz bis 105 dB nur wenig mit dem Anregungspegel an. Für K5 gilt dasselbe zwischen 200 und 900 Hz. Die übrigen Klirrkomponenten treten erst ab 100 dB in Erscheinung. Bei 110 und 115 dB steigen alle Klirrkomponenten deutlich an.
Bei einem mittleren Schalldruckpegel von 80 / 85 / 90 / 95 / 100 / 105 / 110 / 115 dB liegt K2 zwischen 50 und 2000 Hz im Mittel bei 0.153 / 0.264 / 0.485 / 0.838 / 1.115 / 1.975 / 3.576 / 6.312%. Für K3 gilt in diesem Bereich ein Mittelwert von 0.174 / 0.211 / 0.242 / 0.292 / 0.470 / 0.747 / 1.550 / 3.675%.
Nach unseren Untersuchungen (Klirrfaktor - wie viel ist zu viel?) lägen alle Klirrkomponenten bis 100/105/110/115 dB unter 42/42/42/63 Hz unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle. Der unharmonische K3 läge zwischen 473 Hz (80, 85 und 90 dB) bzw. 750 Hz (95 und 100 dB) und 1496 Hz oberhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle. Für K5 gilt dies zwischen 447 Hz und 891 Hz (80 bis 100 dB). Bei 105, 110 und 115 dB Anregungspegel werden diese "Überschreitungs"-Bereiche zunehmend kleiner -> je lauter desto weniger Klirr (ein durchaus günstiges Verhalten für ein PA-Chassis).
Klirrfaktor bei 80 bis 115dB/1m (Halbraum, 20cm (48 cm ab 100 dB))
-> beide Chassis zeigen ein sehr ähnliches Klirrverhalten
HiFi-Selbstbau-Fazit:
Der the box Speaker 12-280/8-A überzeugt in vielen Disziplinen mit guten Werten:
- der Frequenzgang ist sehr linear und zeigt keine ausgeprägten Membranresonanzen
- die Klirrfaktoren K3 und K5 sind vergleichsweise gering
- der lineare Hub ist mit +/- 5.5 mm der größte des Testfelds
- der Materialaufwand ist hoch (Druckgusskorb, 75 mm Schwingspule, 170 mm Magnet) und der Preis dafür mit 59 € unglaublich günstig
Es gibt nur wenig zu kritisieren:
- der winkelgewichtete Schalldruck fällt schon ab 800 Hz stark ab -> die Trennfrequenz zum Hochtonhorn muss SEHR niedrig sein
- das verzögerte Ausschwingen um 550 und 850 Hz könnte eventuell störend sein
- selbst in einer 100 Liter Bassreflexbox geht es "nur" bis 45 Hz runter
Gerade der letzte Punkt schmeckt uns gar nicht, denn die LittleWatt war immer auch im Bassbereich mit einer unteren Grenzfrequenz von 40 Hz ein vollwertiger Lautsprecher - und sie soll es auch in der Mk3-Version bleiben. Wer aber bei 40 Hz eine "passende" Raummode hat für den wäre der the box Speaker 12-280/8-A in 70 Litern Bassreflex sicher eine gute Wahl . . .
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